Bild, Sprache, Demokratie: Zur Krise der res publica in zeitgenössischen Filmen und Serien der Romania

Fokusprojekt – gefördert durch die Zentrale Forschungsförderung der Universität Bremen ZF

Laufzeit: 2021-2024

Leitung: Prof. Dr. Julia Brühne

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt: Pádraic W. Wilson

Was sagen Filme & Serien phantastischen Zuschnitts über den Zustand der Gesellschaften aus, für die sie produziert werden? In welchem Zusammenhang stehen Sprache, Töne, Bilder und Montage mit einer unterschwelligen oder bereits offenbar gewordenen Krise der demokratischen Ordnung? Das Projekt geht dieser Frage anhand eines umfassenden Korpus aus Frankreich, Spanien, Lateinamerika (insbes. Argentinien) und den USA nach.

In den letzten 10-15 Jahren lässt sich in Spanien, Frankreich, Argentinien und den USA ein verstärktes Aufkommen von fiktionalen Serien und Filmen beobachten, in denen ein komplizierter, oft im Sinne T. Todorovs (1970) phantastischer Plot mit außergewöhnlichen Bild- und Tonmontagen verknüpft wird. Die Kombination aus phantastischem Sujet und Montagetechnik bewirkt die Emergenz ästhetischer Störelemente auf Ebene des Semantischen, Visuellen und Akustischen: z.B. wiederkehrendes Rauschen, Wummern oder Pfeifen, deren Quellen weder vom Publikum noch von den Figuren klar auszumachen sind, unscharfe, klaustrophobisch anmutende frames bzw. ruckartig gefilmte oder aber hyperästhetisierte, zeitlupenhafte Bilder, die aus der Diegese herauszufallen scheinen. Diese Störelemente bleiben dabei oft bis über das Ende des Films oder der Serie hinaus widerständig und erfahren keine vollständige Auflösung durch Dialoge. Sie lassen sich somit als filmische, auf Bild und Ton erweiterte Variante jenes ontologischen Risses begreifen, den L. Vax (1974) und L. Caillois (1974) als Symptom phantastischer Literatur des 19. Jahrhunderts ausgemacht haben. Die Ausgangshypothese des Projekts lautet, dass sich in bestimmten phantastischen Filmen und Serien des 21. Jahrhunderts eine soziopolitische Krise manifestiert, die zumeist noch nicht ins kollektive Bewusstsein vorgedrungen ist.

Ziel des Projekts ist es, Natur und Ursachen dieser Krise aus einer transnationalen Perspektive heraus zu bestimmen. Auf welche Störungen innerhalb der res publica reagieren die infragestehenden Produktionen im Sinne einer Ästhetik des politischen Unbewussten (F. Jameson)? Warum entsteht gerade in den genannten Ländern eine so hohe Zahl entsprechender Filme/Serien? Wieso sind diese beim Publikum so erfolgreich? Wie lassen sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit Blick auf eine grundsätzlicher gedachte Krise demokratischer Ordnung(en) im 21. Jahrhundert erklären?

Für die Korpusauswahl ist zentral, dass insbesondere in denjenigen Nationen, in denen im 19. Jahrhundert die prominentesten Bsp. phantastischer Literatur hervorgebracht wurden, heutzutage wiederum phantastische Film-/Seriensujets dominieren. Die Grundprämisse lautet, dass diese auch heute dem metaphorischen Ausdruck eines gesellschaftspolitischen Unbehagens zuzuschlagen sind, das sich in der scheinbar chaotischen Zusammensetzung bzw. dem Auseinandertreten von Sprache, Bild und Ton manifestiert.