Corona als Forschungsthema

Die Pandemie ist für uns alle eine Herausforderung. Für die Wissenschaft bedeutet sie spannende Forschung.

Seit 2020 beeinflusst die Pandemie viele Bereiche des Lebens. Auch an der Universität Bremen hat das Virus dazu geführt, dass ein normaler Lehr- und Forschungsbetrieb nicht immer möglich war. Gleichzeitig haben sich in den vergangenen Monaten in vielen Bereichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Corona und den Folgen auseinandergesetzt. Hier einige Beispiele:

Logo vom Projekt Recov-19

„The Changing Role of Religion in Societies Emerging from Covid-19” (ReCov-19)

Recov-19 ist ein internationales Forschungsprojekt, gefördert durch die Transatlantic Platform for Social Sciences and Humanities in der Förderlinie “T-AP Recovery, Renewal and Resilience in a Post-Pandemic World (RRR)”. Forscher:innen aus vier Ländern des globalen Nordens – Deutschland, Irland/Nordirland, Kanada und Polen – untersuchen und vergleichen Veränderungen in der religiösen Landschaft dieser weitgehend säkularisierten Länder. Religiöse und weltanschauliche Organisationen mussten sich vor dem Hintergrund der tiefgreifenden Einschnitte im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie mit Fragen rund um die Pandemie befassen, klärten und kommunizierten ihre Positionen zum Virus, zum Staat und zu staatlichen Vorschriften, entwickelten Wege, den Kontakt zu ihren Mitgliedern aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig mussten sie mit den Veränderungen ganz konkret umgehen und in vielen Fällen neue digitale Infrastrukturen schaffen. Gefragt wird: Hat sich die Rolle von Religion in weitgehend säkularisierten Ländern des globalen Nordens während der Pandemie verändert? Wenn ja, wie? Welche Faktoren haben die Veränderungen beeinflusst? Was sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den verschiedenen Kontexten? Dabei wird ein Fokus besonders auf die Themen Gesundheit und Krankheit, Beziehung zwischen Religion und Staat und den Einsatz digitaler Medien gelegt. In allen vier Ländern werden vier bzw. drei religiöse/weltanschauliche Organisationen untersucht. So können sowohl Unterschiede zwischen den Ländern, als auch länderübergreifend zwischen den Organisationen festgestellt werden.

Universität Bremen Grafik

Wie Gesundheitsmediator:innen die Corona-Prävention in den Stadtteilen unterstützen

Am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) wird in Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung für Gesundheit Bremen e.V. erforscht, wie Gesundheitsmediator:innen in die Corona-Präventionsmaßnahmen in den Stadtteilen eingebunden sind. Sozial benachteiligte und kulturell diverse Quartiere sind deutlich stärker von der Corona-Pandemie betroffen als andere Wohngebiete. Daher besteht ein dringender Bedarf an spezifischen Ansätzen zur Verbesserung der Corona-Präventionsmaßnahmen und der Impfakzeptanz in diesen Gebieten. Mehrsprachige Gesundheitsmediator:innen können eine Brücke zu Bewohner:innen in den betroffenen Wohngebieten bilden und gezielt ermitteln, wo Informations- und Unterstützungsbedarf besteht. Wie ein solches Konzept funktioniert, erforscht Professor Hajo Zeeb in dem Projekt COVID-TCM mit seinem Team. Zeeb ist Professor am Fachbereich Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen und Abteilungsleiter am BIPS. Der Fokus des Projektes liegt auf dem Bremer Stadtteil Osterholz und angrenzenden Gebieten. Im Stadtteil gut vernetzte Personen werden für die Arbeit als Gesundheitsmediator:in ausgebildet und beteiligen sich an der Aufklärungsarbeit zu Corona-Präventionsmaßnahmen.

Ein Mann schaut abwesend aus dem Fenster. Wie stark der Einfluss von pandemiebedingtem Stress auf die Psyche eines Menschen ist, hängt von psychologischen und sozialen Faktoren und Rahmenbedingungen ab.

Wie stark geht Corona unter die Haut?

Die SARS-CoV-2-Pandemie ist eine globale Herausforderung, die zu weitreichenden individuellen und sozialen Einschränkungen führt. Wie stark der Einfluss von pandemiebedingtem Stress auf die Psyche eines Menschen ist, hängt von psychologischen und sozialen Faktoren und Rahmenbedingungen ab. Professor Christian Kandler vom Institut für Psychologie der Universität Bremen untersucht, welchen Einfluss der Stress auf die Aktivität der Gene hat, denn einschneidende Erlebnisse können die Genwirkung beeinflussen. Solche sogenannten epigenetischen Veränderungen könnten sogar auf die folgenden Generationen übertragen werden. Bei dem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten „TwinLife Epigenetic Change Satellite (TECS) Projekt" geht es um die "Entschlüsselung epigenetischer Veränderungen im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie in einer genetisch informativen, longitudinalen Zwillingsfamilienstudie“. An dem Gemeinschaftsprojekt sind neben der Universität Bremen auch die Universität Bielefeld, das Universitätsklinikum Bonn, das Max-Planck-Institut München und die Universität des Saarlandes beteiligt.

Eine Person mit Kopfhörern arbeitet am Laptop.

Wie die Online-Kommunikation das soziale Miteinander verändert

Zusammen mit Soziologiestudierenden des Wintersemesters erforschte die Sozial- und Arbeitspsychologin Dr. Sylke Meyerhuber vom artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit entlang von 12 Themenfeldern, inwiefern und warum das Miteinander "digital anders" ist und welche Auswirkungen dies auf Menschen in Gruppen und deren Leitung haben kann. Die Ergebnisse gehen sehr viele in der Arbeitswelt an, als Forschende, Lehrende, Studierende, als Führende in Gruppen und Organisationen, und als Beratende in der Arbeitswelt 4.0. Der Bericht bietet zahlreiche Denkanstöße, die die eigene Arbeitsweise im langzeitlichen Homeoffice, den Umgang mit Videomeetings, den Wert von Gruppen für Menschen sowie das Führen auf Abstand und die Zukunft der Arbeit umfassen. Der Forschungsbericht "Sozial nachhaltiges Handeln in der Online-Kommunikation und -kooperation? Langzeitliches Homeoffice – Konfliktpotenziale und Lösungsansätze in digitalen Gruppen sowie für deren Leitung“ ist als artec-paper 228 ist abrufbar.

 

Der Virologe Andreas Dotzauer sitzt im gelben Schutzanzug in einem Labor.

Ein Virusforscher der Universität Bremen im Dauereinsatz:

Professor Andreas Dotzauer leitet das Laboratorium für Virusforschung an der Universität Bremen. Der Virologe ist seit Monaten ein gefragter Gesprächspartner für Medien und Politik und erklärt immer wieder mit großer Expertise und Geduld der Öffentlichkeit, was die Wissenschaft über das Virus weiß, wie sich die Zahlen interpretieren lassen und was man als einzelner oder einzelne tun kann, um sich zu schützen. Dabei hält er mit seinen Einschätzungen auch nicht hinter dem Berg, wenn es zum Beispiel darum geht, ob er geplante Lockerungen angemessen findet. Diese wissenschaftliche Strenge ist es, die ihm hohe Glaubwürdigkeit verleiht. Er befasst sich derzeit intensiv mit den wissenschaftlichen Studien zu Corona.

Wissenschaflter im Labor

Wie das Kompetenznetzwerk Public Health zu Covid-19 hilft, den Überblick zu behalten:

Unser Wissen über das Virus ist immer noch begrenzt. Gleichzeitig müssen Politikerinnen und Politiker wichtige Entscheidungen treffen, die uns alle betreffen. Ein Netzwerk aus rund 20 Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz unter Beteiligung der Universität Bremen soll helfen, die Grundlagen dieser Entscheidungen zu verbessern.

Einer der Gründer des Netzwerks ist Professor Ansgar Gerhardus vom Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen. „Uns war es wichtig, sehr schnell aktuelle und interdisziplinäre Expertise zu COVID-19 für die aktuelle Diskussion und Entscheidungsfindung zur Verfügung zu stellen. Dafür stellen wir in thematischen Arbeitsgruppen den besten Stand der Wissenschaft als kurz zusammengefasste Informationen zur Verfügung“. Die Mitglieder des Kompetenznetzes stehen in direktem Austausch mit Entscheidungsträgern in Ministerien und Bundesbehörden.

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Welche langfristigen Auswirkungen gibt es?

Am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) wird in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt erforscht, wie sich eine Corona-Infektion langfristig auswirkt. Dazu werden die betreffenden Personen telefonisch oder online befragt. „Wir schauen uns die unterschiedlichen Verläufe an“, erklärt Hajo Zeeb, Professor an der Universität Bremen und Abteilungsleiter am BIPS. „Uns interessiert dabei besonders, was nach einer akuten Infektion geschieht.“

Außerdem übernimmt das Institut die wissenschaftliche Bewertung der regelmäßigen Sonderberichte über das Infektionsgeschehen an Kitas und Schulen. „Wir möchten herausfinden, wer sich wie infiziert hat. Aus diesen Informationen versprechen wir uns Erkenntnisse darüber, welche Maßnahmen greifen und wo es Verbesserungsbedarf gibt“, so Zeeb. Auch Empfehlungen werden formuliert. Es gehe darum, die Ausbreitung zu kontrollieren.

Eine Ärztin spricht mit ihrem Patienten

Wie können die Daten der NAKO-Gesundheitsstudie weiterhelfen?

Darüber hinaus wird die NAKO Gesundheitsstudie – eine bundesweite Gesundheitsstudie mit 200.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die 2014 gestartet ist – genutzt, um die kurz- und langfristigen Folgen der Corona-Pandemie zu erforschen. Sie bietet die ideale Ausgangsbasis, um die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland zu untersuchen. Das BIPS führt die Studie als eines von 18 Studienzentren in Deutschland durch. In der NAKO liegen aktuelle Daten zur Gesundheit in der Bevölkerung in Deutschland unmittelbar vor und zu Beginn der Pandemie vor.

Mit einem zusätzlichen Fragebogen wurden alle 205.000 NAKO Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, Auskunft über Ihren aktuellen Gesundheitszustand, über ihre (möglichen) Erfahrungen mit spezifischen COVID-19-Krankheitssymptomen, über ihre Sozialkontakte und mögliche psychosoziale Auswirkungen der verhängten Einschränkungen zu geben. „Für uns ist es wichtig, neben den körperlichen Auswirkungen einer Infektion auch Aspekte wie zum Beispiel die soziale Isolierung und Vereinsamung in der Gesamtbevölkerung zu betrachten“ sagt Dr. Kathrin Günther, Studienzentrumsleiterin der NAKO in Bremen.

Smartphone mit Apps

Wie helfen Apps?

Im Kampf gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie kann die Kontaktverfolgung mit Apps ein wichtiger Baustein sein, um die Übertragungsrate zu senken. Dies könnte die Arbeit der Gesundheitsämter unterstützen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Expertise des Kompetenznetzes Public Health zu COVID-19. Die Expertise des Netzwerks „Public Health zu COVID-19“, dem die Professoren der Universität Bremen Hajo Zeeb und Ansgar Gerhardus angehören, hat unter der Federführung von Tina Jahnel, Wissenschaftlerin am Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen, wissenschaftliche Beiträge über die Wirksamkeit von Contact-Tracing-Apps aus Fachzeitschriften, sowie Texte aus Nachrichtenmagazinen und webbasierten Inhalten ausgewertet.

Junge Frau mit Mundschutz schaut auf ein Smartphone

Was bewegt Menschen in der Corona-Pandemie?

Welche Gedanken und Gefühle sind mit der aktuellen Ausnahmesituation verbunden? Welche Alltagsbegebenheiten schützen die seelische Gesundheit, welche rufen Stress hervor? Wie verändert sich die wahrgenommene eigene Gefährdung und wie wird die Gefährdung nahestehender Personen eingeschätzt? Das sind die wichtigsten Fragen des Forschungsprojektes, die das Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen hat für ihre Studie „Stress und Ressourcen im Alltag der Corona-Pandemie“ gestellt hat.

Drei junge Leute sitzen zusammen. Der junge Mann in der MItte hält sein Smartohine in der Hand und die anderen beiden Frauen blicken auf sein Smartphone.

Welche Erwartungen haben diejenigen, die ihre Körperdaten zur Verfügung stellen?

Das Institut für Public Health und Pflegeforschung erforscht in einer Kurzstudie die „Corona-Datenspende-App des Robert Koch-Instituts“. Mit der Befragung möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herausfinden, welche Gefühle und Erwartungen Menschen mit der Spende ihrer Körperdaten verbinden. Neben der Postleitzahl leitet die „Datenspende-App“ verschiedene Vitaldaten (Puls, Herzratenvariabilität, Stress, Temperatur, Gewicht, Blutdruck) und soziodemografische Daten (Alter, Größe, Geschlecht, Gewicht) weiter, wobei nicht alle Daten obligatorisch erfasst werden, sondern abhängig von den Geräten und der Bereitschaft der Spenderinnen und Spender sind.
Während das Robert Koch Institut die Auswertung der gespendeten Daten vornimmt, ist bisher wenig über Motivation, (Körper-)Erfahrungen und Bedeutung der Datenspenderinnen und Datenspender bekannt. Dies soll im Rahmen von qualitativen Interviews erforscht werden. 

Eine Person mit Kopfhörern bei der Arbeit am Laptop.

Wie geht es Studierenden in der Corona-Zeit?

Wie Studierende durch die Krise kommen, wollte eine Studie des Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) zusammen mit dem Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften herausfinden. Das Ergebnis: Für viele Studierende hat sich das Leben durch Corona massiv verändert. Sie haben seit Einführung der Beschränkungen deutlich weniger Kontakt mit Familie und Freunden. Ein erheblicher Anteil gab außerdem an, Stress durch die Änderung der Lehrmethoden zu erleben. Knapp die Hälfte der Studierenden gab an, besorgt zu sein, aufgrund des COVID-19-Ausbruchs das Studienjahr nicht erfolgreich abschließen zu können. Auch die eigene finanzielle Situation wird von vielen kritisch eingeschätzt: Mehr als 16 Prozent der Befragten in Bremen gaben an, derzeit keine ausreichenden finanziellen Mittel zu haben. Die Mehrheit der Befragten fühlte sich von der Universität über die Änderungen und Maßnahmen gut informiert.

Pflegerin und Bewohnerin eines Pflegeheimes mit Masken

Wie Fake-News gestoppt werden können?

Falschinformationen zu COVID-19 werden viel über soziale Medien verbreitet. Ein Forschungsprojekt will untersuchen, inwiefern Nudging-Interventionen dazu herangezogen werden können, die Verbreitung solcher Falschinformationen einzudämmen. Das Projekt kann zur Verringerung von Falschinformationen in den sozialen Medien beitragen.

Das Projekt wurde im Rahmen des Leibniz ScienceCampus Digital Public Health Bremen zusammen mit der Human-Computer-Interaction Research Group Fachbereich Mathematik / Informatik entwickelt. Am Institut für Public Health sind die Abteilungen Gesundheitsförderung und Prävention, Sozialepidemiologie und Versorgungsforschung in beteiligt.

Ältere Frau schaut auf Smartphone

Welches Risiko gibt es im Pflegeheim?

Pflegebedürftige gehören zu den am schwersten Betroffenen in der Corona-Krise. 60 Prozent aller Verstorbenen sind von Pflegeheimen oder Pflegediensten betreute Menschen. Deren Anteil an infizierten Personen beträgt aber nur 8,5 Prozent. Das ist Ergebnis einer Befragung. Eine Forschergruppe unter Leitung von Pflegeprofessorin Karin Wolf-Ostermann vom Institut für Public Health und Pflegeforschung und Gesundheitsökonom Professor Heinz Rothgang vom SOCIUM - Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik hat die Online-Befragung in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen durchgeführt. Befragungsdaten von 824 Pflegeheimen, 701 Pflegediensten und 96 teilstationären Einrichtungen wurden dabei analysiert. Hohe Infektionsraten zeigten sich auch für das Pflegepersonal.

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Wie wirkt sich die Pandemie auf die häusliche Pflege aus?

Eine höhere Belastung wurde von einem Team um Professor Rothgang (SOCIUM) und Professorin Karin Wolf-Ostermann (IPP) nun auch für die häusliche Pflege durch pflegende Angehörige nachgewiesen. Befragt wurden hierfür mehr als 1.200 Personen, die als informelle Pflegepersonen registriert sind und die aufgrund ihres Alters von unter 67 Jahren potenziell einer Doppel- und Dreifachbelastung von Pflege, Beruf und eigener Familie ausgesetzt sind. Dabei zeigte sich, dass die wahrgenommene Lebensqualität und die Gesundheit der Pflegenden durch die veränderten Rahmenbedingungen der Coronavirus-Pandemie teils erheblich reduziert sind. Dies ist dabei nicht auf eine erfolgte Infektion mit dem Coronavirus zurückzuführen, sondern auf die Kombination aus zeitaufwändigerer Pflege, verminderten Unterstützungsmöglichkeiten, reduzierten Sozialkontakten und Homeoffice und Homeschooling.

Viele Menschen gehen aufeinander zu.

Welche gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen gibt es?

Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe hat am SOCIUM vier umfangreiche Thesenpapiere zur Corona-Epidemie veröffentlicht. Beteiligt sind der Gesundheitswissenschaftler Professor Gerd Glaeske, der Politikwissenschaftler Professor Philip Manow und der Rechtswissenschaftler Professor Dieter Hart. Darin geht es um gesellschaftliche, juristische und politische Dimensionen der Pandemie. Wie ist eine Rückkehr zur Normalität möglich? Wie lässt sich die gezielte Prävention weiterentwickeln? Wie lassen sich die Bürgerrechte auch in Krisenzeiten wahren? Das sind beispielweise Fragen, die beleuchtet werden.

Frau mit Kindern auf einer Wiese

Wie ungerecht ist die Verteilung der Sorge-Arbeit?

„Die Corona Krise führt uns unmittelbar vor Augen, wie relevant und gleichzeitig zu gering wertgeschätzt Tätigkeiten im Zusammenhang mit fürsorglicher Zuwendung und Versorgung sind“, so Sonja Bastin vom Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik (SOCIUM). „Die Pandemie verschärft die Situation zwar“, ergänzt ihre Kollegin Andrea Schäfer, „macht aber nur eine schon lange bestehende strukturelle Krise der Sorgearbeit deutlich.“ Diese sogenannte Care-Arbeit kann bezahlte Arbeit sein, wie in der Pflege oder in der Kinderbetreuung, aber auch unbezahlt wie in der häuslichen Pflege in der Familie oder Erziehungszeiten. Überwiegend üben Frauen diese Arbeit aus. Wirtschaft und Staat würden dies ausnutzen – meist zu Lasten von Frauen.

Jutta Günther

COVID-19: Brennglas für Innovationspolitik und Strukturwandel in Bremen

Wie wirkt sich die Pandemie auf die regionale Wirtschaft aus? Dieser Frage geht die Studie „Struktureller Umbruch durch COVID-19: Implikationen für die Innovationspolitik im Land Bremen“ nach. Herausgegeben wurde sie von der Universität Bremen und dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). Beteiligt sind auch die Hochschulen Bremen und Bremerhaven sowie die Jacobs University. Die Beiträge gliedern sich in vier Schwerpunkte: Innovation und Gründungsgeschehen, Urbane Entwicklungen und Nachhaltigkeitsinnovationen, Finanzwissenschaftliche Aspekte sowie Globale Märkte und Wertschöpfungsketten. „Als wir die Studie konzipierten, hatten wir nicht vor Augen, wie schnell sich die Pandemiesituation zuspitzen würde“, so Jutta Günther, die an der Universität Bremen als Professorin für Volkswirtschaftslehre zu Innovationen und strukturellem Wandel forscht. „Die weiterhin erforderlichen Hilfsprogramme für Unternehmen müssen Härten abfedern und zukunftsorientierte Investitionen fördern.“

Mikrofon und Kopfhörer

Wie sich die Pandemie in Afrika auswirkt

Professor Klaus Schlichte vom Sonderforschungsbereich Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik an der Universität Bremen hat sich die Covid-19-Pandemie in den Ländern Afrikas und die Maßnahmen der Regierungen genauer angeschaut. „Es gibt Unterschiede zwischen den Ländern, aber die repressive Politik ist die dominante“, sagt der Politikwissenschaftler mit Blick auf die staatlichen Reaktionen auf die Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus in Afrika. Wirtschaftlich trifft die Covid-19-Pandemie die afrikanischen Gesellschaften hart. Der Tourismus, der in den Küstenregionen, aber auch im Landesinneren in Form von Safaris große Bedeutung habe, breche massiv ein, sagt der Politikwissenschaftler „Wichtiger aber ist der Rückgang der so genannten Remittances -  der Geldüberweisungen von Familienangehörigen, die zum Beispiel in Europa arbeiten. Dadurch bricht die wichtigste Devisenquelle afrikanischer Ökonomien ein."

Ein Obdachloser hält eine Tasse in den Händen.

Wie sich Corona und die Maßnahmen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten lässt

Die digitale Ausstellung mit dem Titel „Covid-19 Mosaik: Politiken des Lebens in Zeiten der Corona-Krise“ beleuchtet unterschiedliche Perspektiven. Studierende und Lehrende des Instituts für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS) der Universität Bremen haben Podcasts, Videos, Collagen und Text zusammengetragen – Ergebnisse von Seminaren aus dem Sommersemester 2020. Ergänzt werden diese durch Beiträge von und mit zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren zu Themen wie Obdachlosigkeit, Sexarbeit oder Seenotrettung. Vertreten sind zum Beispiel SeaWatch, Together We are Bremen, das feministische Streik-Bündnis Bremen und die Zeitschrift der Straße. „Dadurch soll ein vielseitiges Mosaik mit verschiedenen Perspektiven zur Corona-Krise entstehen, das einer breiteren Öffentlichkeit eine kritische Auseinandersetzung mit der Pandemie und den politischen Maßnahmen ermöglichen soll“, erläutert Philip Schulz. „Gleichzeitig werden die Arbeiten von Studierenden an der Universität Bremen in den Mittelpunkt gerückt.“

India Lockdown

Wie schützen Staaten ihre Bevölkerung vor den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie?

Fast alle Länder haben Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu kontrollieren – mit gravierenden Nebenwirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Deutschland und andere Industrieländer haben enorme finanzielle Anstrengungen unternommen, um die Lasten des Lockdowns abzufedern. Der Sonderforschungsbereich 1342 „Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik“ geht der Frage nach, wie es in anderen Regionen der Welt aussieht. In einer neuen Länderberichtsreihe analysieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welche sozialpolitischen Maßnahmen und Gesetze verschiedene Staaten rund um den Globus umgesetzt haben, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie abzumildern. Jeder Bericht besteht aus einem Essay und einem Datenanhang zu zentralen sozialpolitischen Reformen. Dabei liegt der Fokus zunächst auf Ländern des Globalen Südens, über deren sozialpolitischen Antworten auf die Pandemie die Forschung bislang noch wenig wusste.

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