In dem multinationalen Forschungsnetzwerk (Innovative Training Network) „Phys2BioMed“ soll untersucht werden, inwieweit Messungen der Zellmechanik an einzelnen Zellen, aber auch an Gewebeproben in der klinischen Diagnostik eingesetzt werden können. Die Idee basiert auf Resultaten der vergangenen Jahre, die gezeigt haben, dass sich die mechanischen Eigenschaften von Zellen bei verschiedenen Krankheiten ändern, etwa bei Krebszellen. Im Rahmen des Netzwerks sollen daher, in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und Firmen, Technologien entwickelt werden, die es langfristig erlauben, Zellmechanik als diagnostisches Werkzeug in Kliniken einzusetzen.
Tasten mit dem Kraftmikroskop
In Bremen ist die Arbeitsgruppe von Professor Manfred Radmacher am Institut für Biophysik im Fachbereich Physik/Elektrotechnik beteiligt. Sie untersucht die mechanischen Eigenschaften von Zellen und Geweben mit dem Kraftmikroskop. Eine feine Spitze, die an einer weichen Feder montiert ist, wird dabei über die Probe gerastert. Wie mit dem menschlichen Finger können Zell-Oberflächen abgetastet und dabei Eigenschaften wie Rauigkeit, Klebrigkeit und Weichheit gemessen werden. Dies geschieht in hoher Auflösung, so dass sogar einzelne Moleküle untersucht werden können. Da das Kraftmikroskop auch in Flüssigkeiten betrieben werden kann, ist es möglich, lebende biologische Proben zu untersuchen. „Das Messen kleiner Kräfte mit hoher Genauigkeit und räumlicher Präzision unter physiologischen Bedingungen ist eine einzigartige Kombination, die mit keiner anderen Mikroskopie-Technik möglich ist“, sagt Professor Manfred Radmacher. Viele kranke Zellen zeigen auffällige mechanische Eigenschaften, manche sind härter, andere weicher als gesunde Zellen. Beispielsweise sind Krebszellen oft weicher als normale Zellen. „Deshalb versuchen wir herauszufinden, in wie weit Zellmechanik auch in der medizinischen Diagnostik eingesetzt werden könnte“, so Radmacher.
Intensiver Austausch
Das multinationale Projekt „Phys2BioMed“ startet im Januar 2019 und hat eine Laufzeit von vier Jahren. Koordinator ist die Universität Mailand. Die Bremer Arbeitsgruppe wird im europäischen Netzwerk mit 500.000 Euro für zwei Doktorandenstellen gefördert. Wichtig ist der intensive Austausch unter den Partnern. Das internationale Konsortium vereint Forscher aus Italien (Mailand), Frankreich (Grenoble und Lille), Spanien (Barcelona), Polen (Krakau) und Deutschland (Bremen und Münster). Mit dabei sind auch kommerzielle Partner wie Krankenhäuser und Firmen. Alle am Netzwerk beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler treffen sich regelmäßig zu Workshops, davon werden zwei in Bremen stattfinden. Sechs Doktorandinnen und Doktoranden der anderen Partner werden zu mehrmonatigen Forschungsaufenthalten in das Institut für Biophysik der Universität Bremen kommen.
Weitere Informationen:
Link zur englischen Pressemitteilung des Koordinators http://cimaina.unimi.it/research/grants/research_grants/4
Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Manfred Radmacher
Institut für Biophysik
Fachbereich Physik/Elektrotechnik
Universität Bremen
Tel. +49 421 218-62280
E-Mail: radmacher@uni-bremen.de