Nirgendwo erwärmt sich die Erde so schnell wie in der Arktis. Die dort schmelzenden Gletscher und das schwindende Meereis sind zum ikonischen Bild des Klimawandels geworden. Aber auch die Phänologie verändert sich, also die gesamte Entwicklung von Pflanzen und Tieren im saisonalen Jahresverlauf - mit gravierenden ökologischen Konsequenzen.
Im Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) trafen sich jetzt Forschende von sieben Universitäten und Forschungseinrichtungen zum Kick-off-Meeting für das 40-monatige Polarforschungsprojekt YESSS. Unter Führung des AWI wollen sie die saisonalen Aspekte der Erwärmung in der Arktis erforschen, zum Beispiel Lebenszyklen, Nahrungssuche und Überwinterung. Bislang ist darüber wenig bekannt, weil das Verständnis dieser ökologischen Prozesse überwiegend auf Studien beruht, die im Frühling und Sommer durchgeführt wurden. Das soll sich jetzt ändern: YESSS steht für „Year-round EcoSystem Study on Svalbard“, es geht also um ganzjährige Forschungsarbeiten auf dem arktischen Archipel Spitzbergen. Im Rahmen der Polarstrategie der Bundesregierung finanziert das Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) das Vorhaben mit rund 2,7 Millionen Euro.
Mit ihrem Förderanteil von knapp 460.000 EUR wird die Universität Bremen Großalgengemeinschaften in den flachen Uferbereichen des Kongsfjords untersuchen, die sich in Folge von Temperaturerhöhung und Eisrückgang stark verändern. Diese Arbeiten werden von Prof. Kai Bischof von der Abteilung Meeresbotanik geleitet. Bischof ist auch Mitglied des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen.
Vor Ort wird der Doktorand Milan Beck untersuchen, wie sich Algen an die unterschiedlichen Temperatur- und Lichtverhältnisse im Jahresgang anpassen sowie deren Überwinterungsstrategien in der langen Polarnacht erforschen. „Durch den immer geringeren Einfluss von Eis sind diese Flachwassergemeinschaften ganz anderen Umweltbedingungen als noch vor wenigen Jahren unterworfen. Mit der Besiedlung der Gezeitenzone durch Algen beobachten wir derzeit sogar die Ausbildung völlig neuer Ökosysteme in arktischen Fjorden“, erklärt Prof. Bischof.
„Bislang gibt es kaum Studien über Entwicklungen im langen und dunklen arktischen Winter und auch nicht in den nur wenige Tage langen Übergangszeiten im Frühling und Herbst. Hier wollen wir jetzt ganzjährig mit wöchentlichen Messungen neue Erkenntnisse schaffen“, sagt YESSS-Projektleiterin Dr. Clara Hoppe. Die AWI-Biologin war seit 2014 schon zu mehreren Forschungsreisen auf Spitzbergen und auch an der großen MOSAiC-Expedition 2019/2020 in der Zentralarktis beteiligt.
Zum Projektabschluss Ende 2026 sollen die Projektergebnisse vorliegen und u.a. bei der größten jährlichen Arktis-Konferenz, der Arctic Circle Assembly auf Island, vorgestellt werden.
YESSS-Partner:
1 Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar und Meeresforschung, Bremerhaven
2 Universität Bremen, Fachbereich Biologie/Chemie & MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Bremen
3 Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU), FB 10 Biologie, Institut für Molekulare Physiologie, Mainz
4 Universität Hamburg - Institut für Marine Ökosystem- und Fischereiwissenschaften, Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit, Hamburg
5 Universität Konstanz, Limnologisches Institut, Konstanz
6 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Zoologisches Institut, Kiel
7 GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, Kiel
8 Ecologic Institut gemeinnützige GmbH, Berlin
9 constructify.media e.V., Bremen
Weitere Informationen:
Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Kai Bischof
Meeresbotanik, Universität Bremen
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen
Tel.: 0421 218 63050
E-Mail: kbischofprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de