Der rechtliche Schutzstatus des Luchses ist ausreichend. Dennoch erfolgt in der Praxis regelmäßig keine Ahndung von illegalen Tötungen. Das geht aus einer Studie der Universität Bremen hervor, die Im Kontext des gemeinsamen EURENI geförderten Projekts „Umsetzung eines länderübergreifenden Luchs-Aktionsplans mit Tschechien" (EURENI_21_D_012) im Fachmagazin „Natur und Recht“ veröffentlicht wurde.
Wildtierkriminalität an Luchsen gefährdet die bedrohte und geschützte Art vor allem im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet. Laut WWF sind dort allein zwischen 2018 und 2019 dreizehn erwachsene, standorttreue Luchse spurlos verschwunden und zwei weitere wurden nachweislich illegal getötet.
Die Studie stellt fest, dass sich die Behörden aus praktischen Gründen zumeist auf eine reaktive Bearbeitung von tot aufgefundenen Luchsen beschränken, was in der Folge zu fehlenden Verurteilungen und mangelnder Prävention führe. Jan Philipp Kehl, Experte für Wildtierkriminalität beim WWF Deutschland, sagt: „Solange die Behörden nicht proaktiv handeln, den Kontrolldruck erhöhen und somit präventive Effekte erzeugen, werden weiter Luchse illegal getötet. Das gefährdet nicht nur die Population in Bayern.“
Weiter hebt die Studie das Potential von Hinweisen aus der Bevölkerung hervor. Bislang werde die Möglichkeit, bei der Polizei Hinweise auf Taten und Täter zu geben, von Bürgern nicht häufig genutzt. Auch ohne konkrete Beweise sollten Anzeigen bei der Polizei erstattet werden, um so Ermittlungen zu ermöglichen. Johannes Aschermann, Mitarbeiter der Forschungsstelle für Tier- und Tierschutzrecht der Universität Bremen, stellt fest: „Totfunde von Luchsen stellen für die Polizei meist eine kriminalistische Herausforderung dar, die trotz der engagierten Ermittlungsarbeit nicht zur Ermittlung des Täters führt. Auch in solchen Fällen sind Hinweise aus der Bevölkerung eine große Hilfe; selbst wenn es sich zunächst nur um Hörensagen oder vermeintliche Gerüchte handelt.“
Ein weiterer Punkt, der in der Studie herausgestellt wird, betrifft das nicht vorhandene Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten bei Totfunden von Luchsen. Die Studie stellt fest, dass NGOs und Privatpersonen den Kadaver an sich nehmen dürfen, um ihn den zuständigen Behörden z. B. zur weiteren Untersuchung zuzuführen. Der Jagdpächter hingegen hat keine rechtliche Handhabe, sich den Kadaver anzueignen, etwa um ihn präparieren zu lassen. Etwaige vermeintlich entgegenstehende landesjagdrechtliche Regelungen, sind rechtswidrig. Prof. Dr. Sönke Gerhold, Leiter der Forschungsstelle für Tier- und Tierschutzrecht der Universität Bremen, bilanziert: „Der rechtliche Schutzstatus von Luchsen ist gut. Allerdings wird das geltende Recht gerade mit Blick auf das vermeintliche jagdliche Aneignungsrecht nicht umgesetzt. Zwingende europarechtliche Vorgaben werden schlicht ignoriert.“
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