In Zusammenarbeit mit der bremer shakespeare company (bsc) bringen Geschichtsstudierende der Universität Bremen zum vierten Mal eine szenische Lesung auf die Bühne. Unter dem Titel “Was verstehen wir Frauen auch von Politik? – Entnazifizierung `ganz normaler` Frauen in Bremen (1945-1952)“ laden sie am Montag, den 19. September 2011, zur Premiere an einen alten Originalschauplatz ein: dem Schwurgerichtsaal des Bremer Landgerichts.
Die Rollen der Frauen im Dritten Reich waren vielfältig: als Sekretärin bei der Gestapo, als Aufseherin in Konzentrationslagern oder als so genannte „Kapos“, die im Namen der Lagerleitung Mithäftlinge beaufsichtigten. Eine von ihnen war Margarete Ries. Sie soll als „Kapo“ äußerst brutal vorgegangen sein und mehrere Häftlinge erschlagen haben. Nach ausführlichen Vernehmungen und anschließendem Spruchkammerverfahren im Zuge der Entnazifizierung in Deutschland wurde ihr Verfahren jedoch eingestellt.
Lebenswege der Frauen zeigen Alltag im Nationalsozialismus.
„An den unterschiedlichen Lebenswegen dieser Frauen wird `ganz normaler` Alltag im Nationalsozialismus sichtbar sowie dessen Funktionieren unterhalb der Schalthebel der Macht“, sagt die Leiterin des Projekts, Dr. Eva Schöck-Quinteros. Die Entnazifizierungsverfahren sind eine wichtige Quelle für den Blick auf das „Dritte Reich“ unmittelbar nach 1945. Wie erklärten und verteidigten Frauen ihr Handeln und wie wurden ihre Aktivitäten bewertet? Welche geschlechtsspezifischen Zuschreibungen spielten in den Verhandlungen eine Rolle?
Für die szenische Lesung recherchierten die Studierenden mehrere Monate in Archiven und wählten die Fälle aus. Sie transkribierten die Akten und stellten das Material der Lesung für die bsc zusammen. Zudem entwickelten sie die Website des Projekts und schrieben Artikel für den Begleitband zu der szenischen Lesung.
Das bundesweit einmalige Projekt verbindet forschendes Lernen und dramaturgische Arbeit miteinander. Ziel ist es, Akten auf der Bühne zum Sprechen zu bringen und auf diese Weise einem breiten Publikum quellenbasierte Forschung zugänglich zu machen.
Premiere und Folgetermine sowie weitere Infos unter: www.sprechende-akten.de