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Bremer Gesundheitsforscher prognostizieren Versorgungslücken in der Pflege

Nr. 372 / 28. November 2012 SC

Der Pflegebedarf bis 2030 wird um 50 Prozent steigen. Für die Versorgung dieser Pflegebedürftigen fehlen rund 500.000 Vollzeitkräfte in der Pflege, wenn sich die Trends der Vergangenheit fortsetzen. Diese gravierende Versorgungslücke wird vor allem in den Kommunen für große Herausforderungen sorgen. Das sind Ergebnisse des „Bertelsmann-Pflegereport 2030“, der jüngst der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist. Der Report ist im Auftrag der Stiftung von Wissenschaftlern des Zentrums für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen erstellt worden.

Allerdings stellt sich die Situation für die einzelnen Bundesländer und vor allem auf kommunaler Ebene sehr unterschiedlich dar. So weisen die Modellrechnungen der Bremer Gesundheitsökonomen Professor Heinz Rothgang, Dr. Rolf Müller und Dr. Rainer Unger für den Stadtstaat Bremen im Zeitraum von 2009 bis 2030 ein Wachstum der Zahl der Pflegebedürftigen von 28 Prozent aus, während die Wachstumsrate für Mecklenburg-Vorpommern mit 56 Prozent annähernd doppelt und für Brandenburg mit 72 Prozent sogar mehr als 2,5-mal so hoch ist. Im Vergleich zum bundesweiten Anstieg der Fallzahlen von durchschnittlich 47 Prozent zeigen sich auch für Berlin (56 Prozent), Bayern (54 Prozent), Schleswig-Holstein (54 Prozent) und Baden-Württemberg (54 Prozent) erhebliche Steigerungsraten. Auf der kommunalen Ebene sind die Unterschiede sogar noch ausgeprägter: Hier reichen die Steigerungsraten von knapp 14 Prozent (Landkreis Goslar) bis zu mehr als 100 Prozent (Landkreis München, Landkreis Oberhavel), wobei die Dynamik fast ausschließlich von der Altersstruktur in der jeweiligen Kommune abhängt.

Waren im Dezember 2009 in Deutschland 2,34 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung, wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen bis ins Jahr 2030 auf 3,4 Millionen und bis 2050 sogar auf 4,5 Millionen erhöhen. In der Studie wird der aus diesen Daten abgeleitete Personalbedarf in der Pflege in Beziehung gesetzt zum projizierten Personalangebot. Die daraus ermittelten Versorgungslücken können nun Grundlage für eine differenzierte Planung jeder Kommune sein. Dabei werden die unterschiedlichen Versorgungsformen in den Vordergrund gerückt. Es wird dargelegt, wie sich die Verteilung dieser Versorgungsformen, also stationäre Pflege, ambulante Pflege oder Angehörigenpflege, in Zukunft unter verschiedenen Annahmen entwickeln wird und welche Auswirkungen dies für die Personalsituation in Pflegeeinrichtungen hat. Zentrale Aussage hierbei ist, dass die Personallücke halbiert werden kann, wenn die stationären Kapazitäten nicht weiter ausgebaut und stattdessen ambulante Versorgungsstrukturen ausgebaut werden.

Auf Basis der Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2030 des "Wegweiser Kommune" der Bertelsmann Stiftung sowie der Pflegestatistik aus dem Erhebungsjahr 2009 auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte des Statistischen Bundesamtes führte das ZeS-Team Vorausberechnungen zur Situation der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 durch. Damit werden erstmals für Deutschland entsprechend kleinräumige Vorausberechnungen zur Zahl der Pflegebedürftigen und zur Inanspruchnahme von Pflegeeinrichtungen sowie zu den vorhersehbaren Versorgungslücken vorgestellt.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Zentrum für Sozialpolitik
Abteilung Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung
Prof.Dr. Heinz Rothgang
E-Mail: rothgangprotect me ?!zes.uni-bremenprotect me ?!.de
Dr. Rolf Müller
E-Mail: rmintprotect me ?!zes.uni-bremenprotect me ?!.de
Dr. Rainer Unger
E-Mail: r.ungerprotect me ?!zes.uni-bremenprotect me ?!.de