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Bremer Sozialwissenschaftler Professor Stephan Leibfried erhält Schader-Preis 2014

Besondere Anerkennung für die bremische sozialwissenschaftliche Forschung zu Sozialstaat und Staat

Nr. 015 / 15. Januar 2014 SC

Der Preis der Schader-Stiftung 2014 für Gesellschaftswissenschaften geht an Professor Stephan Leibfried von der Universität Bremen. Der mit 15.000 Euro dotierte Preis würdigt Leibfrieds besondere Verdienste um die nationale wie internationale sozialwissenschaftliche Forschung zu Sozialstaat und Staat und betont, dass er mit seiner wissenschaftlichen Arbeit und seinem öffentlichen Wirken zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beigetragen hat: Dabei geht es unter anderem um die mit Leibfrieds Namen verbundene Institutionalisierung der international vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung und um die Wirkungen seiner Forschung auf die sozialpolitische Praxis nicht zuletzt in Deutschland.

Der lange Weg von der Reformuniversität 1971, als „rote Kaderschmiede“ beschimpft, zur Exzellenzuniversität 2012 lässt sich an seinem Lebenswerk beispielhaft nachvollziehen: Als Leibfried 1974 Professor für Sozialpolitik und Sozialverwaltung in der Sozialpädagogik der 1971 gegründeten Universität Bremen wurde, gab es in Deutschlands Universitäten zwar vereinzelte Forschungsansätze zum Sozialstaat, aber dafür kaum breitere institutionelle Grundlagen. Leibfried war daher 1988 nicht nur ein Gründungsvater des Zentrums für Sozialpolitik (ZeS), das interdisziplinär – Soziologie, Sozialmedizin, Gesundheitspolitik, Politik- und Wirtschaftswissenschaft – international vergleichende Sozialstaatsforschung in der Universität Bremen mit Startmitteln der Volkswagen Stiftung verankerte. Er zählte auch zu den führenden Köpfen, die im gleichen Jahr von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) den soziologischen Sonderforschungsbereich (Sfb) „Statuspassagen und Risikolagen im Lebenslauf“ genehmigt bekamen, der dreimal bis 2001 und damit maximal verlängert wurde. Dieser Sfb setzte nicht nur eine neue dynamische Sicht aufs Soziale durch, sondern brachte, nachdem die Universität 1986 in die DFG aufgenommen worden war, als erster Sfb der Universität Bremen den großen sachlichen DFG-Forschungsdurchbruch – und an die 20 Millionen DM zusätzliche Forschungsmittel.

Dem folgte 2001 in der Ausbildung – erneut mit Mitteln der Volkswagen Stiftung – die Gründung der Graduate School of Social Sciences als Grundlage für die interdisziplinäre sozialwissenschaftliche Doktorandenausbildung, die 2007 als Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS) Teil des ersten Erfolges der Universität Bremen – und der Jacobs University Bremen als ihr Juniorpartner – in der Exzellenzinitiative und dann 2012 Teil des Gewinns des Exzellenzwettbewerbs durch die Universität Bremen insgesamt wurde. Und 2003 gehörte Leibfried – seit 2001 Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Politikfeldanalyse und Sozialpolitik am Fachbereich Sozialwissenschaften – zu dem Gründungsteam, das den politikwissenschaftlich-juristischen Sonderforschungsbereich „Staatlichkeit im Wandel“ erfolgreich in den Bremer Universitätshafen lotste und das diesen zweimal und maximal erfolgreich bis 2014 verlängert bekam. Mit etwa 24 Millionen Euro Zusatzmitteln war auch dies kein kleiner Beitrag zur Arbeitsfähigkeit der Universität. Seit 2012 nimmt er zudem eine Brückenprofessur zur Jacobs University Bremen wahr.

Mit Blick auf die Praxis gelang es Leibfried, nicht nur viele Brücken zwischen Forschung und Praxis zu bauen, so etwa mit einem zwölfjährigen Forschungsprojekt zur Dynamik des Sozialhilfebezugs („Einmal drin, immer drin“?), das auf Bremer Verwaltungsdaten beruhte; und in den 2000er Jahren, wieder mit der Volkswagen Stiftung, mit einem Gastprogramm für „Journalisten in der Forschung“ – gemeinsam mit dem Kölner Max-Plack-Institut und dem WZB Berlin –, und dann mit einem Austauschprogramm in Wissenschaft und Praxis mit der Londoner LSE (zum Sozialstaat) und derzeit noch mit der Universität Oxford (zum Staatswandel).

Er gehörte jüngst auch zu den Organisatoren mehrerer fächerübergreifender Bestandsaufnahmen zur sozialwissenschaftlichen Sozialpolitikforschung, die auf dem Hintergrund des Forschungsstands neue Forschungshorizonte eröffnen. Der erste Band zur „Wohlfahrtspolitik im 21. Jahrhundert“ erschien 2013 bei Campus. Für eine weitere zweibändige Zusammenschau der „Grundlagen und Herausforderungen des deutschen Sozialstaats“ gewann er das Bundessozialgericht in Kassel, das im September 2014 sein 60-jähriges Jubiläum mit einer großen Sozialstaatsbilanz über alle Disziplinen hinweg ganz sachbezogen feiern wird. Schließlich gehört Leibfried seit Jahren zu den profiliertesten Kommentatoren der aktuellen Wissenschaftspolitik, insbesondere der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder. Dabei beließ er es nicht beim Kommentieren, sondern trug „von der Pike auf“ in allen Ebenen dazu bei, dass es der Universität Bremen 2012 gelang, eine der elf deutschen Exzellenzuniversitäten zu werden.

„Dieser Preis für den Kollegen Leibfried dokumentiert einmal mehr, dass die Universität Bremen in allen wissenschaftlichen Disziplinen über außergewöhnliche Persönlichkeiten verfügt“, freut sich der Bremer Uni-Rektor Professor Bernd Scholz-Reiter: Leibfried hat dazu beigetragen, dass die Bremer Sozialwissenschaften heute national und international hoch renommiert sind, so durch ihre vielen Bücher bei bekannten angloamerikanischen Universitätsverlagen und ihre Aufsätze in den großen internationalen Fachzeitschriften, aber auch durch ein Vierteljahrhundert des Legens solider Drittmittelfundamente und des Aufbaus von Forschungseinrichtungen. So wurden die Sozialwissenschaften und die Meereswissenschaften zu den beiden tragenden Säulen der Bremer Exzellenzuniversität. Das hat Leibfried 2001 Schritt für Schritt in dem Jubiläumsband Lichtspuren festgehalten, einem kommentierten „privaten“ Photoalbum über 40 Jahre Bremer sozialwissenschaftliche Forschungsgeschichte.

Der Schader-Preis wird am 15. Mai 2014 in Darmstadt verliehen. Die Liste der bisherigen Preisträger umfasst unter anderem Jutta Allmendinger, Ulrich Beck, Ralf Dahrendorf, Wolf Lepenies und Gesine Schwan. Die gemeinnützige und unabhängige Stiftung wurde 1988 durch den Bauingenieur Alois M. Schader gegründet. Sie fördert seit 25 Jahren den Praxisbezug der Gesellschaftswissenschaften und unterstützt den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis.

Weitere Informationen:

Schader-Stiftung
Peter Lonitz
Tel. 06151 175917
E-Mail: lonitzprotect me ?!schader-stiftungprotect me ?!.de

Universität Bremen
Zentrum für Sozialpolitik
Prof.Dr. Stephan Leibfried
Tel. 0421 218 56665
E-Mail: stlfprotect me ?!zes.uni-bremenprotect me ?!.de