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Einwanderungsgesellschaft Deutschland: Integration viel besser als ihr Ruf

Erstes Jahresgutachten des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration vorgelegt / Bremer Bildungswissenschaftlerin Yasemin Karakasoglu maßgeblich beteiligt

Die Bevölkerung ist weitgehend zufrieden mit Integration und Integrationspolitik. Allerdings bleiben soziale Spannungsfelder wie der Problemstau im Bildungsbereich und der Reformbedarf in der Zuwanderungspolitik. Aber: Deutschland ist in der Einwanderungsgesellschaft angekommen. Dies sind die zentralen Aussagen des ersten Jahresgutachtens des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Die Integration läuft im gesellschaftlichen Alltag weitgehend auf Erfolgskurs, vor allem im europäischen Vergleich. Nach dem SVR-Integrationsbarometer, einer repräsentativen Befragung von über 5.600 Personen, zeigt die Bevölkerung einen „pragmatischen Integrationsoptimismus" und ein „belastbares gegenseitiges Grundvertrauen", so der SVR-Vorsitzende Klaus J. Bade. Zuwanderer vertrauen den Deutschen zum Teil mehr als der eigenen Herkunftsgruppe und mitunter sogar mehr als die Deutschen sich selbst. Der mit dem Integrationsbarometer erstmals gemessene Integrationsklima-Index (IKI) registriert einen positiven Mittelwert: Auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 4 (sehr gut) liegt der IKI für das Jahr 2009 bei 2,77 (Mehrheitsbevölkerung) und sogar 2,93 (Zuwandererbevölkerung). Auch in der Politik ist Integration als zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe akzeptiert.

Problemzone Bildung

Das international besetzte Expertengremium, dem auch Professor Yasemin Karakasoglu, Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Bremen angehört, sieht aber auch Probleme und mahnt Nachhol- und Reformbedarf auf politischen Baustellen an. Eine der Problemzonen ist der Bereich Bildung. Der Problemstau im Bildungsbereich gehe vor allem zu Lasten von Jugendlichen aus bildungsfernen und sozial benachteiligten Familien, die überdurchschnittlich häufig einen Migrationshintergrund haben. Besorgnis erregend sei, dass - so ein Ergebnis des Integrationsbarometers - sowohl bildungsorientierte Zuwanderer wie auch Eltern der Mehrheitsbevölkerung ihre Kinder nicht auf Schulen schicken wollen, an denen der Anteil von Migranten besonders hoch ist - trotz einer grundsätzlich bei beiden vorhandenen positiven Einstellung zu kultureller Vielfalt. „Gerade diese Schulen brauchen dringend zusätzliche Ressourcen für individuelle Förderung und die Entwicklung attraktiver Schulprogramme. Dies wären wichtige Maßnahmen, um der Skepsis der Eltern gegenüber der Leistungsfähigkeit von Schulen mit hohem Migrantenanteil zu begegnen", so Yasemin Karakasoglu. Sie sieht im Hinblick auf Bremen bei einigen Schulen bereits gute Ansätze für diesen Weg.

Reformbedarf bei der Migrationspolitik

Der Sachverständigenrat sieht Nachhol- und Reformbedarf auch im Feld der Migrationspolitik: Deutschland sei heute Ein- und Auswanderungsland zugleich mit hoher innereuropäischer Mobilität. Im demographisch alternden Wohlfahrtsstaat aber verschärften abnehmende Zuwanderungen und zunehmende Abwanderungen von Menschen im besten Erwerbsalter nicht nur den Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt, sondern auch den Reformdruck auf die Sozialsysteme.

Deutschland brauche – so der SVR – neben einer Bildungs- und Qualifikationsoffensive im Innern eine bedarfsorientierte Steuerung der Zuwanderung aus Ländern außerhalb der EU mithilfe eines am Arbeitsmarkt geerdeten Punktesystems. Attraktivität sei wichtiger als administrative Gestaltung, zumal innerhalb Europas Migration nicht mehr zu steuern sei. Deutschland müsse deshalb „attraktiver werden für Qualifizierte, die erwägen, abzuwandern und solche, die zögern, zuzuwandern", sagte Bade. Darüber hinaus gebe es im humanitären Bereich von Flucht und Asyl in europäischer Arbeitsteilung große Herausforderungen an und vor den europäischen Grenzen, aber auch bei der Bekämpfung der Ursachen unfreiwilliger Wanderungen in deren Ausgangsräumen.

Über den Sachverständigenrat

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihr gehören acht Stiftungen an. Neben der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung sind dies: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Gemeinnützige Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und gemeinnütziges Beobachtungs-, Bewertungs- und Beratungsgremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet. Die Ergebnisse seiner Arbeit werden in einem Jahresbericht veröffentlicht. Dem SVR gehören neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen und Forschungsrichtungen an.

Wetere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften
Fachgebiet Interkulturelle Bildung
Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu

Tel. (0421) 218-69120
karakasogluprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

http://www.svr-migration.de