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Nächte des Verführers: Vorführung erster Filmsequenzen am 17. Dezember im CINESPACE in der Waterfront

Regie führt der Kulturwissenschaftler Professor Reiner Matzker von der Uni Bremen / Spielorte sind Gröpelingen und Walle

Nr. 390 / 15. Dezember 2010 SC

Das Gröpelinger Filmprojekt „Nächte des Verführers“ verwendet Elemente des wenig bekannten „Tagebuch eines Verführers“ des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard. Die Handlung des Tagebuchs wird gewissermaßen in die heutigen Pommes-Frites- und Robbie-Williams-Verhältnisse transformiert und entsprechend verändert. Die Protagonisten begegnen sich jeweils angetrieben von ihren unerfüllten Sehnsüchten mit Illusionen und Missverständnissen. Erzählt wird die Geschichte der angestrengten Verführungskünste eines Sonderlings, der sich in die Frau an der Kasse in einem Supermarkt verliebt und seinerseits – ohne es zu merken – von ganz anderer Seite geliebt wird. Intendiert ist ein soziales „Psychogramm“, das die inneren Bewegungen der Protagonisten nicht trennt von der Umgebung (Gröpelingen, Walle), in der sie agieren. Am 17. Dezember 2010 werden um 18 Uhr im CINESPACE der Waterfront erste Ausschnitte aus dem Filmprojekt (17 min.) in höchster Videoqualität (XDCAM HD) gezeigt.

Die „Arbeitsgruppe Digitale Medien“ und Studierende der Kulturwissenschaften der Universität Bremen haben mit großem Engagement zum Gelingen dieses außergewöhnlichen Projektes beigetragen.

In den Hauptrollen: Die Berliner Schauspielerin Mandy Rudsky (spielte in Filmen und Fernsehspielen, bekannt besonders als Schauspielerin der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin unter Frank Castorf) und die Bremer Schauspielerin Svea Auerbach (spielte in verschiedenen Filmen, Darstellerin der Bremer Shakespeare Company). Paul Burian (spielte u. a. in Filmen von Ingmar Bergmann, Werner Herzog und Luc Bondy) übernimmt die Rolle des Verführers. Kamera: Gerhard Molkenthin (bvk). Buch und Regie: Reiner Matzker.

Das Filmprojekt unterstützt durch seine vermittelnde Funktion die Sensibilisierung für vorhandene Verhältnisse und Antagonismen vorrangig in den Stadtteilen Gröpelingen und Walle. Im Sinne einer medial angelegten Inszenierung kommuniziert es die Gegebenheiten aus den Lebenszusammenhängen der dortigen Anwohner. Zugleich entsteht ein facettenreiches Stimmungsbild des in der Ästhetik der Gebiete angelegten Impulses zur Stadtentwicklung.

Die Schauspieler zu dem Filmprojekt

„Beim Lesen des Drehbuchs entstand für mich ein unheimlich großes Gefühl von SEHNSUCHT, EINSAMKEIT: Als wäre man nicht dafür bestimmt, glücklich zu sein. Cordelia will etwas Besseres. Aber, was sie will, weiß sie eigentlich auch nicht.“ (Mandy Rudski)

„Es stimmt einen melancholisch und ich bin voller Bilder (Bilder eines wolkenverhangenen Bremens). Alle Figuren sind irgendwie voller unerfüllter Sehnsucht. Das gefällt mir, auch wenn es ein wenig traurig macht, da sie doch alle einsam sind.“ (Svea Auerbach)

„Es gefällt mir, die Verführung künstlerisch zu gestalten, ist es doch für den Protagonisten ein Lebenselixier, es immer wieder zu probieren.“ (Paul Burian)

Synopsis

Der ältere Mann (Paul Burian) ist ein Fremdling in seiner Stadt. Er lebt in einem möblierten Zimmer, zieht einsam durch die Straßen, in den Tagen, in den Nächten. Als eines Tages seinem Blick die leuchtenden, freundlichen Augen einer Frau an der Kasse eines Supermarkts begegnen, verändert sich sein Alltag. Der Supermarkt scheint ihn fortan magnetisch anzuziehen. Er ist dort häufiger zu sehen, häufiger auch an der Kasse. Auf dem Namenschild der Mitarbeiterin steht Cordelia Keller. Eines Tages überwindet er sich und lädt sie in ein Restaurant ein. Cordelia (Mandy Rudski) lehnt nicht ab. Doch zum verabredeten Zeitpunkt erscheint sie nicht. Enttäuscht sucht der Mann ein nahegelegenes Lokal auf. Hinter dem Tresen arbeitet Katie, die sich mit gebrochenem Charme auf die zotigen Bemerkungen ihrer Gäste einlässt. Es entsteht ein Gespräch mit dem Mann. Sie fühlt sich gleichermaßen angezogen und abgestoßen von seiner verschrobenen, unzeitgemäßen Intellektualität. Er berichtet ihr von seiner Begegnung mit Cordelia, spricht über seine Verführungsabsichten.

Die vierzigjährige Katie (Svea Auerbach) ist Alkoholikerin mit romantischen Neigungen. Stundenlang sitzt sie nach der Arbeit an ihrem Fenster, beobachtet die Wolken und folgt ihren gedanklichen Assoziationen. Auf seltsame Weise fühlt sie sich dem älteren Mann seelisch verbunden, der immer häufiger bei ihr am Tresen auftaucht. Sie nimmt gereizt zur Kenntnis, dass der Mann eigentlich nur über Cordelia spricht. Die Zurückhaltung Cordelias scheint seine Verführungsabsichten zu verstärken. Er weiß nicht, dass Cordelia nach wie vor in ihren Exgatten Thomas verliebt ist, der seinerseits wenig Interesse an ihr zeigt und sie mit kränkenden Bemerkungen demütigt. Cordelia versucht, ihn mit ihren Verführungskünsten zurückzuerobern. Doch sie erfährt durch den gemeinsamen Sohn Jan, dass Thomas inzwischen eine Geliebte hat, die er heiraten möchte.

Das Verhalten des Mannes ist gekennzeichnet durch eine rätselhafte Obsession. Wie ein Stalker belauert er Cordelia, verfolgt sie. Er umschleicht in den Nächten das Haus, in dem sie wohnt. Er begreift nicht, dass die alkoholkranke Katie, die sich nach und nach zu seiner Komplizin macht, mehr als Sympathie für ihn empfindet. Und er erkennt nicht, dass seine Gefühle für Cordelia auf Projektionen beruhen. Dass sich Cordelia schließlich doch auf seine Verführungen einlässt, resultiert aus ihrer existentiellen Situation. „Manchmal denke ich, ich möchte mich mit ihm betrügen“, sagt sie zu ihrer Freundin. Sie will sich beruflich verbessern, vielleicht einmal in einer Boutique arbeiten. Sie betrachtet den Mann als väterlichen Freund, der viele Geschenke macht und ihr in ihrem kargen Leben ein wenig Zuversicht vermittelt. Es entwickelt sich zwischen ihr und dem wesentlich älteren Mann ein seltsames Arrangement. Sie planen eine heimliche Verlobungsfeier mit wenigen Gästen. Als zu vorgerückter Stunde Cordelias früherer Mann an der Wohnungstür erscheint, kommt es zum Eklat.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Fachbereich Kulturwissenschaften
PD. Prof. Dr. Reiner Matzker
Tel. (0421) 620 79 34
E-Mail: matzkerprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de