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Know-how-Schutz für vertrauenswürdige Elektronik

Unser Alltag wird künftig immer mehr von elektronischen Bauteilen beeinflusst – etwa in selbstfahrenden Autos oder Servicerobotern. Um diesen Komponenten vertrauen zu können, fördert der Bund in einer Leitinitiative wissenschaftliche Projekte. Beteiligt ist auch die Arbeitsgruppe Rechnerarchitektur.

Inhalt der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Leitinitiative „Vertrauenswürdige Elektronik“ ist die Erforschung und Entwicklung neuartiger Methoden, Lösungen und Prozesse, welche vom Design über die Herstellung bis zur Analyse und Prüfung reichen. Das Ziel des Projektes CirroStrato ist es, den Einsatz von sogenannten rekonfigurierbaren Transistoren zu erforschen, die dem Schutz des geistigen Eigentums von Chip-Layouts dienen. Die Arbeitsgruppe für Rechnerarchitektur (AGRA) der Universität Bremen unter Leitung von Professor Rolf Drechsler erfüllt im Projektverbund zentrale Aufgaben zum Test und Verifikation der neuartigen Sicherungsmechanismen.

„Elektronische Geräte, wie Mobiltelefone oder autonome Fahrzeuge, setzen vertrauenswürdige Elektronikkomponenten voraus. In Zeiten langer internationaler Wertschöpfungsketten ist das eine stetige Herausforderung“, erläutert Rolf Drechsler. Elektronikkomponenten müssen deshalb gegen den Know-how-Diebstahl effektiv geschützt werden, ohne dabei große Mehrkosten zu verursachen, die Leistungsfähigkeit zu beschränken oder gar die korrekte Funktionalität der resultierenden Elektronikkomponente zu gefährden.

Verlässliche Tests und vollständige Verifikation sind wichtig

Aus diesen Gründen muss der höchst komplexe automatisierte Entwurfsablauf für reguläre Schaltkreistechnologien effektiv angepasst werden, sodass verlässlich analysiert – also getestet und verifiziert – wird, bevor die resultierenden Elektronikkomponenten im Gesamtsystem weiterverarbeitet werden. „Diese Prozesse erfordern leistungsfähige Algorithmen, die eine vollständige Analyse ermöglichen und damit alle möglichen Umstände berücksichtigen, sodass nach erfolgreicher Prüfung die jeweilige Komponente sicher funktioniert“, sagt Drechsler. Dafür benötige man Methoden, die formale Techniken einsetzen, bei denen eine effektive Modellierung von entscheidender Rolle ist.

Die AGRA der Universität Bremen und vier weitere Partnerinnen und Partner entwickeln in dem Verbundforschungsprojekt CirroStrato neuartige Schutzmechanismen für den Know-how-Schutz von Elektronikkomponenten. Dabei setzen die Projektpartner Nanoelectronics Materials Laboratory (NaMLab) gGmbH (als Verbundkoordinator), GLOBALFOUNDRIES LLC & Co. KG, Technische Universität Dresden und NXP Semiconductors Germany GmbH (als assoziierter Partner) auf die neuartige Technologie der rekonfigurierbaren Feldeffekttransistoren (RFETs).

Ausspähen und Plagiatismus entgegenwirken

Auf Basis dieser Technologie erforscht und konzipiert der Projektverbund CirroStrato einen automatisierten Entwurfsablauf für die RFET-basierte Technologie, der es ermöglichen wird, neuartige Schutzmechanismen in die Elektronik zu integrieren. Diese Mechanismen sollen ein Ausspähen der Funktionalität von Elektronikkomponenten und somit einem möglichen Plagiatismus entgegenwirken. Hierdurch soll eine sichere und vertrauenswürdige Wertschöpfungskette entstehen, die maßgeblich zur Technologiesouveränität Deutschlands beiträgt. 

Die Entwicklungen sollen einerseits die Machbarkeit und Effektivität aufzeigen. Andererseits bilden sie die Grundlage für eine mögliche Zertifizierung. In der beispielhaften Umsetzung eines Chips wird das neue Verfahren getestet und unter Einbeziehung des Bundesamts für Informationssicherheit (BSI) auf seine Sicherheit hin überprüft. Die Bremer Arbeitsgruppe bildet das zentrale Bindeglied zwischen der Fabrikation und der Zertifizierung von RFET-basierten Sicherungsmechanismen.

AGRA ist für die Qualitätssicherung zuständig

Das Team von Professor Drechsler ist in dem Projekt für die Qualitätssicherung zuständig. Sie entwickelt für den automatisierten Entwurfsablauf dieser neuartigen RFET-Technologie neue Methoden für den Test und die Verifikation. Erst diese Methoden erlauben es, eine Herstellung von Sicherungsmechanismen zu ermöglichen, welche die beabsichtigte Schutzfunktion implementieren. Aufgrund der hohen fachlichen Kompetenz auf diesem Gebiet hält die AGRA diese Aufgabe in dem Projektverbund inne. Zudem sind die Forschenden der Universität Bremen weltweit führend auf diesem Spezialgebiet. So nutzen die Bremer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die vorangegangenen Forschungsarbeiten im Umfeld der Testgenerierung, der formalen Verifikation und dem Einsatz von formalen Modellierungstechniken.

Eine Vielzahl dieser Arbeiten wurde bereits von der Fachcommunity positiv aufgenommen und führte in den vergangenen Jahren zu mehr als zwanzig Publikationen – unter anderem auf den Top-Tagungen des Schaltkreistests, wie beispielsweise dem European Test Symposium (ETS) und der Design Automation and Test in Europe (DATE). Einige dieser Arbeiten wurden von Dr. Sebastian Huhn entwickelt, der im Rahmen von CirroStrato die stellvertretende Projektleitung übernehmen wird.

Mehr als eine halbe Million Euro für das AGRA-Team

Das Projekt CirroStrato wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Leitinitiative „Vertrauenswürdige Elektronik“ mit 2,11 Millionen Euro für drei Jahre gefördert. Davon erhält die AGRA der Universität Bremen mehr als eine halbe Million Euro.

Zum Projektnamen: Bei CirroStrato handelt es sich um das italienische Wort für „CirroStratus“, welches der meteorologische Begriff für eine Schleierwolke ist. Diese Analogie zur Schleierwolke bezieht sich dabei auf die erfolgende „Verschleierung“ der Schaltung durch die zu entwickelnden Schutzmechanismen, welche sich wie eine Wolke über die Schaltung legen, wodurch ein potenzielles Ausspähen verhindert wird.


Weitere Informationen:

www.elektronikforschung.de/vertrauenswuerdigkeit (Pressemitteilung zur BMBF-Leitinitiative „Vertrauenswürdige Elektronik“)
www.elektronikforschung.de/projekte/ve-cirrostrato (Informationen zum Projekt CirroStrato)
www.informatik.uni-bremen.de/agra/ger/index.php (Arbeitsgruppe Rechnerarchitektur)
www.uni-bremen.de


Fragen beantwortet:

Prof. Dr. Rolf Drechsler
Arbeitsgruppe Rechnerarchitektur
Fachbereich Mathematik / Informatik
Universität Bremen
Telefon: +49 421 218-63932
E-Mail: drechslerprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

elektriktrik
Elektronik muss vertrauenswürdig sein: Die Arbeitsgruppe Rechnerarchitektur der Universität Bremen ist an einem Projekt mit diesem Ziel beteiligt.