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Warum gibt es so wenig Kapitäninnen?

Magisterarbeit der Universität Bremen berichtet von Diskriminierungen / Autorin ist Leiterin des Seemannclubs der Bremer Seemannsmission

Kaum eine Frau ergreift heutzutage den Beruf des Kapitäns oder des Nautikers. 2006 fuhren weltweit gerade mal sechs Kapitäninnen von insgesamt 1442 Kapitänen auf deutschen Schiffen. Zu schlecht ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Außerdem sind weibliche Besatzungsmitglieder oft Diskriminierungen an Bord ausgesetzt. Das sind die Ergebnisse einer Magisterarbeit im Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Bremen. Die Autorin Antje Eilers hat dafür rund 20 Nautikstudentinnen der Hochschule Bremen befragt. Als Leiterin des Seemannclubs der Bremer Seemannsmission kennt Eilers zudem bestens das Innenleben der Branche.

 

Zu einem der gesellschaftlich bedeutendsten maritimen Veranstaltungen Deutschlands gehört das jährlich stattfindende Schaffermahl in Bremen. Seit 1545 treffen sich Kapitäne, Reeder und Kaufleute im Bremer Rathaus, um sich auszutauschen und berufliche Kontakte zu knüpfen. Im Jahr 2004 durfte erstmals eine Frau an der Bremer Festtafel Platz nehmen: Eine der wenigen Kapitäninnen in der Seefahrt. "Das ist normal", äußerte diese sich diesbezüglich einmal gegenüber den Medien.

„Normal ist sicherlich nur, dass Frauen in dieser Position in der Seefahrt sehr rar vertreten sind“, sagt Antje Eilers, die bei Professor Karin Gottschall in der Fachrichtung Soziologie ihre Magisterarbeit zur Ausbildungssituation von Frauen in „Männerberufen“ geschrieben hat. Das Ergebnis, zu dem die 27-Jährige gekommen ist: An Bord herrscht kein selbstverständlicher, normalisierter Umgang mit Frauen. Im Gegenteil, immer wieder hätten angehende Nautikerinnen von subtilen Diskriminierungen männlicher Besatzungsmitglieder berichtet, so Eilers. Sie seien etwa belästigt worden oder hätten unverhältnismäßig oft Putztätigkeiten an Bord übernehmen müssen. Bestimmte Fähigkeiten seien ihnen aufgrund ihres Geschlechts aberkannt worden oder sie fühlten sich in die Rolle einer persönlichen Sekretärin des Kapitäns gedrängt. Vorurteile hätten auch manche Reedereien. Da Frauen zum Beispiel laut einer Arbeitsschutzvorschrift für die Zeit der Schwangerschaft sofort aus dem Seefahrerdienst ausscheiden müssen, sei eine andauernde Beschäftigung an Bord eh nur begrenzt möglich, argumentierten einige von ihnen.

Wie gehen die angehenden Nautikerinnen damit um? „Den meisten der von mir befragten Frauen schien durchaus bewusst, dass ihre berufliche Tätigkeit auf See zeitlich begrenzt sein wird“, so Eilers. Fast die Hälfte aller Befragten stelle direkt oder indirekt fest, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Berufsbereich der Seefahrt bisher nicht erreicht sei und plane eine mögliche Landbeschäftigung in Reedereien, Speditionen oder Verbänden mit ein. Dies führe zwangsläufig auch zu geringeren Aufstiegsmöglichkeiten.

„Soll sich der Anteil derjenigen Frauen, die zur See fahren, dauerhaft verändern, so müssen bessere Bedingungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen werden“, meint Eilers. Dies könne durch kürzere Fahrzeiten oder bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder an Bord erreicht werden. Zusätzlich müsse die berufliche „Männerdomäne“ Seefahrt etwas von ihren „maskulinen Attributen“ verlieren.

 

Wetere Informationen:
Universität Bremen
Fachbereich Sozialwissenschaften
Antje Eilers

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