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Supervision: Der Mensch im Mittelpunkt

Mehr Druck, weniger Wertschätzung – das führt fast immer zur Krise. Bei Konflikten in Teams wird dann oft Hilfe von außen geholt. Ein häufig verwendetes Instrument ist die Supervision. Erhard Tietel ist seit 20 Jahren ausgebildeter Supervisor und am Zentrum für Arbeit und Politik, kurz „zap“, tätig.…

Ein Beispiel aus dem Krankenhaus: Der Chefarzt setzt das Pflegepersonal unter Druck. Es soll nicht notwendige, aber profitable Untersuchungen durchführen. Nebenbei steigt der Dokumentationsaufwand, für die persönliche Beziehung zwischen Pfleger und Patient bleibt weniger Zeit. Gleichzeitig stecken die Ärzte selbst in der Krise: „Die Entscheidungen werden nicht mehr vom Chefarzt bestimmt, sondern vom Controlling“, erklärt Tietel. Das führt zu Konflikten innerhalb und zwischen den Teams. „Das größte Problem in so einem Fall – neben der Sparpolitik – ist das fehlende Verständnis füreinander“, erklärt Tietel. Hier setzt seine Supervision an.

Den Blick auf die gemeinsame Zukunft richten

„Supervisoren sind keine Berater, die Lösungen präsentieren“, erklärt Tietel. Vielmehr ginge es darum, dass die Menschen ihre eigene Rolle in Konflikten erkennen und reflektieren. „Die Ursachen lassen sich meist nicht so einfach beheben, und das steht auch gar nicht im Mittelpunkt“, so Tietel. „Wichtiger ist, dass die Menschen Verantwortung für Ihren Anteil am Konflikt übernehmen“. Das sei unbequem, aber der erste Schritt, um ein Team wieder handlungs- und arbeitsfähig zu machen. Wenn der Blick gemeinsam in die Zukunft gerichtet werde, gebe es gute Bedingungen, die meisten schwelenden Konflikte und Rivalitäten endlich zu überwinden.

Achtsame Organisationen

Die Konfliktlösung sei jedoch nur die halbe Miete. „Die Kunst liegt darin, innerhalb der Organisation entsprechende Strukturen aufzubauen, um den Frieden zu erhalten“, sagt Tietel. Das Prinzip der „Achtsamen Organisation“ zielt auf die Zeit nach der Supervision ab. Maßnahmen können beispielsweise die Einrichtung regelmäßiger Gesprächsrunden sein, bei denen es weniger um Arbeitsabläufe als um die Empfindungen des Teams gehe. „Ein Team existiert auf drei Ebenen“, erklärt Tietel. „Die Menschen erledigen Aufgaben und sie haben bestimmte Strukturen, innerhalb deren die Arbeit passiert.“ Die Beziehungsebene werde jedoch oft vernachlässigt. „Erst, wenn alle drei Aspekte berücksichtigt werden, funktioniert ein Team wirklich gut“, so Tietel. „Das Ziel ist es, Organisationen nachhaltig zu verändern, sodass Konflikte gar nicht erst hochkochen.“ An der Universität Bremen fand dazu die Tagung „Achtsame Organisation und emotionale Reflexionsräume“ statt. Hier tauschten sich Berater und Forscher rund um den Wandel der Arbeitswelt aus. Die Ergebnisse der Tagung können in der Zeitschrift Supervision nachgelesen werden.

Die drei Säulen des zap

Das Zentrum für Arbeit und Politik, kurz „zap“, besteht seit Gründung der Universität Bremen 1971. In Kooperation mit der Arbeitnehmerkammer verbindet das zap Praxis und Wissenschaft in den drei Säulen Beratung, Forschung und Weiterbildung. Zu den bekanntesten Angeboten des zap gehören der Zwei-Jahres-Kurs zur sozialwissenschaftlichen Grundbildung sowie der Ein-Jahres-Kurs „Interessenvertretung mit Herz und Verstand“ für Betriebs- und Personalräte. Beide Kurse werden mit Zertifikaten abgeschlossen.

Mann lächelt in Kamera
Prof. Dr. Erhard Tietel ist Dozent am Zentrum für Arbeit und Politik der Universität Bremen (zap) und Supervisor