
Fachbereich 10 - Sprach- und Literaturwissenschaften

Nachruf | Professor Dr. Wolfgang Wildgen
Wolfgang Wildgen hat nicht nur die Linguistik an der Universität Bremen mit einem Schwerpunkt auf der Deutschen Sprache seit 1981 wesentlich geprägt, sondern mit seinem breiten wissenschaftlichen Œuvre die Linguistik insgesamt um wichtige Arbeiten bereichert. Wolfgang Wildgen, am 1. Januar 1944 in Fürth (Bayern) geboren, hat Germanistik, Romanistik und Allgemeine Sprachwissenschaft in München, Köln, Bonn, Besançon und Regensburg studiert. Seine breite fachliche Basis ist bereits in seiner Regensburger Promotion in Allgemeiner und Deutscher Sprachwissenschaft aus dem Jahr 1976 mit dem Thema Differentielle Linguistik, kommunikativer Stil und Sozialisation dokumentiert; die Dissertationsschrift wurde im Rahmen des Ostbayrischen Kulturpreises ausgezeichnet. Als Habilitand der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat Wolfgang Wildgen 1981 in Regensburg mit einem thematischen Fokus auf Verständigungsdynamik habilitiert. Von 1981 bis 2009 wirkte er als Universitätsprofessor an der Universität Bremen. Seine breite fachliche Kompetenz machte ihn während seiner gesamten beruflichen Tätigkeit zu einem von Studierenden sowie Kolleginnen und Kollegen sehr geschätzten und respektierten Hochschullehrer. Dabei ist auch seine internationale Vernetzung hervorzuheben, die mit zahlreichen internationalen Forschungsaufenthalten einherging, darunter in Aarhus, Berkeley, Cleveland, New-Delhi und Bangalore, Nijmegen, Paris, Sydney und Melbourne sowie Wien. Zusammen mit Walther Kindt hat er in den Jahren 1986 bis 1990 das DFG-Projekt zur Dynamik der Narration geleitet. Wie in diesem Projekt hat Wolfgang Wildgen überhaupt immer wieder die Grenzen der Linguistik geprüft, kreative Querbezüge zwischen verschiedenen Ansätzen getestet und sich engagiert für die Entwicklung des Faches hin zu neuen Ufern eingesetzt. Zu seinen Arbeitsgebieten zählten dabei insbesondere die Soziolinguistik und die Semiotik von Text, Bild und Musik. Aber auch die Arbeit an dynamischen Modellen der Sprache, ein ausgeprägtes Interesse an Psycholinguistik und Kognitiver Linguistik und die Erforschung der Evolution von Sprache und Schrift sind Ausdruck seiner großen wissenschaftlichen Leistungen und eines weitgreifenden Interesse an Sprache in ihren interdisziplinären Bezügen. Nicht vergessen werden darf sein Engagement im Bereich der Soziolinguistik des Niederdeutschen. Seine Webseite an der Universität Bremen dokumentiert im Einzelnen die beeindruckende Breite und Zahl an wichtigen Publikationen und seine Vortragstätigkeit.
Wolfgang Wildgen hat aktiv am Bremer Institut für Allgemeine und Angewandte Linguistik (IAAS) seit dessen Gründung mitgewirkt und in diesem Zusammenhang maßgeblich das Linguistische Kolloquium zum Austausch innerhalb des Bremer Kreises und mit nationalen wie internationalen Gästen gestaltet. Hieraus sind diverse Sammelbandpublikationen unter seiner Beteiligung hervorgegangen. Seinen zahlreichen Schülerinnen und Schülern, die unter seiner Ägide promoviert wurden, ist er stets verbunden geblieben.
Nach wohlverdienten Jahren des Ruhestands ist Wolfgang Wildgen am 4. Dezember 2024 in Bremen verstorben. Mit Wolfgang Wildgen verliert nicht nur die Universität Bremen, sondern auch die Linguistik insgesamt einen besonders profilierten Wissenschaftler. Die Universität Bremen wird ihn in ehrendem Gedächtnis behalten.
Prof. Dr. Ingo H. Warnke | Prof. Dr. Thomas Stolz | Dr. Claudia Happe
Dezember 2024
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