09-M52-03-08 | Philosophie der Quantenmechanik Philosophy of Quantum Mechanics
Seminar
Termine: wöchentlich Di 10:00 - 12:00 (2 SWS)
Im Formalismus der Quantenmechanik wird der Zustand eines Systems durch Vektoren ausgedrückt. Die zeitliche Entwicklung des Systems wird durch eine Bewegungsgleichung (Schrödingergleichung) für diese Vektoren beschrieben; diese hat die generische Eigenschaft, einen Vektor A zum Zeitpunkt t in einen Vektor A’ zum Zeitpunkt t’ zu entwickeln, sodass A’ die Summe aus Vektor A sowie aus einem anderen Vektor B darstellt. (Diese Summe heißt Superpositionszustand.) Das sogenannte Messproblem der Quantenmechanik besteht nun in dem Widerspruch, dass wir, zumindest in der makroskopischen Welt, niemals solche Überlagerungszustände von Systemen zu beobachten scheinen. Um im bekannten Bild von Schrödingers Katze zu sprechen: eine Katze, die wir zum Zeitpunkt t im Zustand A: `lebend’ sehen, sehen wir niemals zum Zeitpunkt t’ im überlagerten Zustand A: `lebend’ und B: `tot’. Ja, es ist nicht einmal unmittelbar klar, wie so ein überlagerter Zustand überhaupt zu verstehen ist. Einfach zu sagen, dass Quantenmechanik nicht fürs Makroskopische gilt ist keine Lösung: letztendlich müssen ihre Aussagen mit den eindeutigen Zuständen von makroskopischen Messapparaturen in Einklang gebracht werden und eine Verbindung zum Makroskopischen daher zwangsläufig hergestellt werden.
Die Lösungsvorschläge zum Messproblem werden als Interpretationen der Quantenmechanik bezeichnet; sie verfahren typischerweise durch Negation einer der drei eben geschilderten Grundannahmen — (1) Zustandsbeschreibung durch Vektoren, (2) zeitliche Entwicklungsbeschreibung durch die Schrödingergleichung, und (3) determinierte makroskopische Zustände — die ja auch nur zusammen genommen zum Widerspruch führen. Zu diesen Interpretationen zählt auch die aus der Populärkultur mittlerweile bekannte Viele-Welten-Interpretation, die etwa Punkt (3) negiert. Da die verschiedenen Interpretationen der Quantenmechanik fast alle empirisch äquivalent, oder zumindest für alle praktische Zwecke empirisch äquivalent sind, müssen die Interpretationen anhand ihrer ontologischen und theoretischen Charakteristika untersucht und letztlich bewertet werden.
Im Seminar soll insbesondere in das eben geschilderte Messproblem und die daraus resultierenden Interpretationen der Quantenmechanik eingeführt werden. Dabei werden die Querverbindungen der Philosophie der Quantenmechanik zu allgemeineren wissenschaftstheoretischen Fragen (Problem empirischer Unterbestimmtheit, Theorienwahl) und metaphysischen Fragen (Zufall, Determinismus, Emergenz, Ontologie einer physikalischen Theorie) im Vordergrund stehen.
Das Seminar richtet sich vor allem an Masterstudierende mit Interesse an Naturphilosophie, Metaphysik und Wissenschaftstheorie. Es sind keine besonderen Physik- oder Mathematikkenntnisse vorausgesetzt.
| Dr. Niels Linnemann
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09-M52-03-09 | Die Kunst und die Künste: Themen zeitgenössischer Kunsttheorie Art and Arts: Themes in Contemporary Theories of Art
Seminar
Termine: wöchentlich Mo 18:00 - 20:00 (2 SWS)
Anlass und titelgebend für dieses Seminar ist die für Herbst 2021 geplante Veröffentlichung eines Kompendiums zur zeitgenössischen Kunstphilosophie: Die Kunst und die Künste: Ein Kompendium zur Kunsttheorie der Gegenwart. Die Herausgeber dieses Kompendiums sind überwiegend bekannte Philosophen für Ästhetik im deutschsprachigen Raum.
Das gibt Anlass zu einer Bestandsaufnahme, die dieses Seminar leisten soll. Dabei geht es darum, die Konstellation der ästhetischen und kunstphilosophischen Theorieentwicklung der letzten zwei Jahrzehnte im deutschsprachigen Raum in den Blick zu nehmen, zu rekonstruieren und, wo möglich, zu bewerten. Das ist ein ehrgeiziges Unterfangen. Es erscheint aber nötig, möchte man sich im gegenwärtigen Diskurs über Ästhetik und Kunstphilosophie orientieren.
Es gibt mindestens drei nennenswerte Einflüsse aus der Philosophiegeschichte. Erstens den deutschen Idealismus (insb. Kant und Hegel), zweitens die Kritische Theorie (insb. Adorno), drittens die Ästhetik und Kunstphilosophie des 20. Jahrhunderts aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum (z. B. Dewey und Beardsley, insb. aber auch zeitgenössische, wie Kivy oder Carroll).
Voraussetzung für dieses Seminar ist nicht, dass Sie sich mit allen einschlägigen Theorien auskennen. Empfohlen wird aber, dass Sie ein Verständnis für Grundlagenfragen der Ästhetik und Kunstphilosophie mitbringen. Auch eine Verortung der philosophiegeschichtlichen Einflüsse sollte für Sie nicht fremd sein.
Aus der folgenden (offenen) Liste der Literatur werden Auszüge bereitgestellt, die als Textgrundlage für das Seminar dienen: Literatur: 1. Bertram, Georg W. (2005): Kunst: Eine philosophische Einführung. Stuttgart: Reclam Verlag 2. Bertram, Georg W. (2014): Kunst als menschliche Praxis: Eine Ästhetik. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 3. Deines, Stefan; Liptow, Jasper; Seel, Martin (Hg.) (2013): Kunst und Erfahrung. Beiträge zu einer philosophischen Kontroverse. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 4. Deines, Stefan; Wenning Mario (Hg.) (2016): Contemporary Perspectives on Film and Philosophy [Sondernummer der Zeitschrift Contemporary Aesthetics]. 5. Feige, Daniel M. (2012): Kunst als Selbstverständigung. Münster: Mentis Verlag 6. Feige, Daniel M. (2014): Philosophie des Jazz. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 7. Feige, Daniel M. (2015): Computerspiele: Eine Ästhetik. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 8. Feige, Daniel M. (2018): Design: Eine philosophische Analyse. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 9. Menke, Christoph; Küpper, Joachim (Hg.) (2003): Dimensionen ästhetischer Erfahrung, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 10. Menke, Christoph (2005): Die Gegenwart der Tragödie, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 11. Menke, Christoph (2013): Die Kraft der Kunst, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 12. Seel, Martin (1997): Die Kunst der Entzweiung: Zum Begriff der ästhetischen Rationalität. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 13. Seel, Martin (2003): Ästhetik des Erscheinens. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 14. Seel, Martin (2007): Die Macht des Erscheinens: Texte zur Ästhetik. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 15. Seel, Martin (2013): Die Künste des Kinos. Frankfurt a. M.: Fischer Verlag 16. Seel, Martin (2017): »Hollywood« ignorieren: Vom Kino. Frankfurt a. M.: Fischer Verlag 17. Wiesing, Lambert (2008): Die Sichtbarkeit des Bildes: Geschichte und Perspektiven der formalen Ästhetik, Frankfurt a. M. (u. a.): Campus Verlag
| Felix Engel
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