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Universität Bremen verfasst Offenen Brief an Bürgermeister Bovenschulte

Aufgrund der geplanten Kürzungen des Wissenschaftsetats hat die Hochschulleitung gemeinsam mit dem Personalrat einen Offenen Brief an den Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen Dr. Andreas Bovenschulte aufgesetzt.

Sehr geehrter Herr Dr. Bovenschulte,

angesichts der bekannt gewordenen Eckwerte für die kommende Aufstellung des Doppelhaushalts 2022/2023 der Freien Hansestadt Bremen sehen wir allergrößten Schaden auf die Universität, ihre aktuellen und künftigen Studierenden sowie ihre Beschäftigten und auf die Freie Hansestadt Bremen zukommen. Die Umsetzung der Eckwerte aus dem Finanzressort würde die Zukunft Bremens langfristig und nachhaltig schädigen.

Ausgangslage

Die Universität Bremen hat keine finanziellen Reserven.

Studiengänge und Fächer sind bereits heute in ihren Fachgebieten (Professuren) minimal aufgestellt. Finanzkürzungen bedrohen zwangsläufig die Existenz einzelner Studiengänge und Fächer.

Die Ausgaben der Freien Hansestadt Bremen pro Universitätsstudierendem sind weit unter dem Durchschnitt (circa ein Drittel weniger als der Bundesdurchschnitt). Damit liegt Bremen auf einem hinteren Platz der 16 Bundesländer.

Wissenschaftsplan 2025

Ziel des Wissenschaftsplan 2025 ist es, sich etwas dem Bundesdurchschnitt anzunähern, um wettbewerbsfähig zu sein. Der Wissenschaftsplan wurde vom Senat und allen Fraktionen in der Bürgerschaft und im Wissenschaftsausschuss begrüßt und überparteilich getragen.

Die Universität hat der beabsichtigten Finanzierung durch den Wissenschaftsplan vertraut. In gutem Glauben auf die kommende Finanzierung und Absicherung wurden zum Beispiel die Psychologie nicht geschlossen und die Inklusive Pädagogik aufgebaut. Übergangsweise erfolgte hierfür eine Finanzierung durch programmgebundene Zweit- und Drittmittel, die 2020 weggefallen sind und nun durch Grundfinanzierung ersetzt werden muss. Die Liste ließe sich fortführen.

Der Wissenschaftsplan 2025 bedeutet aus diesem Grund für die Universität keinen Aufwuchs in den ersten Jahren bis einschließlich 2023 sondern die Übernahme temporärer Mittel in den Grundhaushalt. Es wird also finanziert, was längst schon da ist.

Auswirkungen, wenn der Wissenschaftsplan nicht umgesetzt wird

Da der Grundhaushalt der Universität zum allergrößten Teil Personalausgaben beinhaltet, greifen Reduzierungen der Eckwerte hier am stärksten. Einstellungsstopp, keine Wiederbesetzung freiwerdender Stellen, keine Verlängerung befristeter Stellen wären unmittelbare Folgen. Zudem gäbe es eine gravierende Verschlechterung der derzeitigen Beschäftigungsbedingungen aller Statusgruppen: Noch höherer Arbeitsanfall, schlechtere Ausstattung, keine Entlastungsmöglichkeiten.

Wenn die Grundfinanzierung aus dem Wissenschaftsplan nicht geleistet wird, hat das also unmittelbare Auswirkungen auf Studium und Lehre, weil das entsprechende Personal nicht mehr zur Verfügung steht. Studiengänge und Fächer sind nicht mehr voll arbeitsfähig und von Schließungen bedroht. Studienplätze fallen weg und somit in der Folge auch Arbeitsplätze.

Quantität und Qualität des Studiums sinken mit der Folge, dass die Reputation des Standortes Bremen Schaden nimmt. Dies führt wiederum zu weniger Studierenden und langfristig weniger Potential für Bremen als Standort. Der Wettbewerb um sehr gutes Personal in Wissenschaft, Technik und Verwaltung wird noch schwieriger. Wir fallen zurück!

Die Wettbewerbsfähigkeit der Universität um weitere Mittel von außerhalb Bremens sinkt bei einer geringeren Grundausstattung. Dafür gibt es eine kritische Untergrenze, der wir uns bereits angenähert haben. Die Forschungs- und Innovationskraft des Landes sinkt. Das Land kommt seiner Verantwortung gegenüber der Generation der jetzt 20-Jährigen nicht ausreichend nach. Diese gestalten die Zukunft des Landes, seiner Gesellschaft und Wirtschaft in den kommenden Jahrzehnten maßgeblich. Die Universität als ein positiver Asset des Landes, die jetzige Studierendengeneration und mittel- und langfristig das Land würden massiv Schaden nehmen.

Kürzungen im Wissenschaftsplan treffen aufgrund der Rahmenbedingungen hauptsächlich die Hochschulen, nicht die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Letztere sind aber oft in Bremen, weil es die Universität gibt. Wird die Universität geschwächt, führt dies längerfristig zu geringerer Attraktivität des Landes für die außeruniversitäre Forschung. Dies gefährdet hier ebenfalls Arbeitsplätze und zieht einen Verlust von Innovationskraft nach sich.

Um noch ein Beispiel für die Dimension zu geben: Das Finanzressort geht im Jahr 2023 von 100 Mio. Euro weniger aus als vom Wissenschaftsressort nach Wissenschaftsplan angemeldet.  Die Universität Bremen müsste davon nach eigener Einschätzung 60 Mio. Euro beitragen, was die Hälfte der Personalkosten der Universität aus der Grundfinanzierung bedeutet.

Die geplanten Eckwerte des Finanzressorts gefährden die Zukunftsfähigkeit der Universität und des Landes. Sie haben zudem gravierenden Folgen für aktuelle und künftige Studierende, die Beschäftigten sowie alle Bremerinnen und Bremer.

Wir bitten Sie und den gesamten Senat nachdrücklich: Sichern Sie den Wissenschaftsplan finanziell ab. Gefährden Sie nicht eine gute Zukunft Bremens.

Bremen, den 03.03.2021

Für das Rektorat der Universität Bremen                            
Bernd Scholz-Reiter                                                                   
Rektor

Für den Personalrat der Universität Bremen
Holger Ruge
Vorsitzender

Glashalle der Universität Bremen