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4. Stadtforscher-Kongress: Schüler erleben Flüchtlingsschicksale hautnah

Welche Probleme haben Migranten, wenn sie nach Bremen kommen? Warum sind sie eingewandert? Gibt es Vorurteile gegenüber Schülern mit Migrationshintergrund? Mit diesen Fragen haben sich rund hundert Jugendliche von sechs Bremer Schulen im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Uni Bremen…

„Entschuldigung, haben Sie Lust, sich unseren Film anzusehen?“, fragt Emre Aslan eine Besucherin. Der 17-Jährige ist vom Schulzentrum Walle. Mit seinen beiden Schulkameraden Irtaza Mustafa und Suleyman Boztimur ist er im Rahmen des Projekts in den vergangenen Wochen auf Spurensuche gegangen. „Wir haben uns gefragt, wie es eigentlich Flüchtlingen aus dem Kosovo geht, die nach Bremen kommen“, sagt er. Denn von diesem Land höre man eigentlich gar nichts mehr in den Nachrichten. Doch wie kommt man an diese Menschen heran?

Anonymes Interview mit 14-jährigem Flüchtling

Die drei Schüler fragten bei einem Flüchtlingsheim in Gröpelingen an. Ein 14-jähriger Junge erklärte sich für ein Interview bereit – doch wollte er anonym bleiben. „Wir haben gemerkt, wie viel Angst er hatte“, sagt Irtaza. Aus dem Gespräch mit ihm und ihren recherchierten Informationen erstellten die drei Schüler eigenständig einen achtminütigen Film, den sie den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie interessierten Besucherinnen und Besuchern beim 4. Stadtforscher Kongress vorstellten. Neben dem Schulzentrum Walle waren auch die Oberschule am Leibnizplatz, das Alte Gymnasium, die Oberschule Findorff, das Kippenberg Gymnasium sowie die Schule an der Hamburger Straße mit unterschiedlichen Projekten beteiligt.

„Haben viel gelernt“

„Wir haben durch unsere Recherchearbeiten viel gelernt“, sagt Suleyman. „Uns wurde klar, dass wir die Flüchtlingsheime viel mehr akzeptieren und die Menschen dort zum Beispiel mit Kleiderspenden unterstützten müssen, denn sie haben alle viel durchgemacht.“ So erzählte ihnen etwa der 14-jährige Junge, dass er im Kosovo entführt worden und jetzt ganz alleine in Deutschland sei. Seine Mutter und seinen Bruder habe er bei der Entführung aus den Augen verloren. „Seine Lebensgeschichte hat uns sehr berührt“, so Emre. Schließlich ist der Junge fast so alt wie sie.

Unterstützung durch Lehramtsstudierende

Betreut wurden die jungen Forscherinnen und Forscher in ihrer Arbeit nicht nur von ihren Lehrerinnen und Lehrern, sondern auch von studentischen Tutoren der Uni Bremen. Denn das Projekt wird vom Zentrum für die Didaktiken der Sozialwissenschaften (ZeDiS) unter der Leitung vom Politikwissenschaftler Professor Andreas Klee organisiert. Dabei handelt es sich um eine Initiative für „Forschendes Lernen“ in der Schule. „Meine Aufgabe war es, die Schülerinnen und Schüler zu begleiten, wenn sie Hilfe benötigten“, sagt die Lehramtsstudentin Alexandra Diekmann, die auch die drei Jungen am Schulzentrum Walle betreut hat.

Interdisziplinäres Projekt

Nicht leicht sei es für einige gewesen, selbständig eine Forschungsfrage zu entwickeln. Aber insgesamt hätten viele Gruppen ins selbständige Arbeiten gefunden und am Ende gute Ergebnisse präsentiert – ob als Film, Plakat, im Referat oder als Rollenspiel. Auch die Masterstudentin hat von dem Projekt für ihre Lehramtsausbildung sehr profitiert: „Es war spannend über einen längeren Zeitraum mit den Schülern zu arbeiten“, sagt die 23-Jährige. Bereichernd sei, dass das Projekt mit Politik, Geographie und Geschichte fächerübergreifend war. „Es wäre toll, wenn wir dieses Projekt einmal ein ganzes Schuljahr mit unseren Schülerinnen und Schülern durchführen könnten“, sagt der Geographielehrer Marc Symank von den Schülern Emre, Irtaza und Suleyman am Schulzentrum Walle begeistert. Im kommenden Schuljahr gehen die Bremer Stadtforscher in die fünfte Runde.