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Editionsprojekt „Das Gemeindebuch Schrebitz“

Geschichtsstudierende der Uni Bremen transkribieren 500 Jahre alte Handschrift

Nr. 215 / 20. August 2015 SC

Studierende und Lehrende des Masterstudiengangs „Geschichte“ der Universität Bremen bearbeiten seit dem Wintersemester 2013/14 gemeinsam eine bisher völlig unbekannte Handschrift: das Gemeindebuch des Dorfes Schrebitz in Sachsen aus dem 16. Jahrhundert. Jetzt  steht eine Transkription als Online-Edition zur Verfügung.

Für die Studierenden bedeutete das Projekt „Das Gemeindebuch Schrebitz“ forschendes Lernen par excellence. Sie mussten Grundlagenforschung betreiben: Es gab keine Transkription, keine Forschungsliteratur, keine direkten Hilfsmittel. Eine solche unverbrauchte, gewissermaßen „jungfräuliche“ Quelle aus dieser Zeit ist sehr selten. So konnten die Studierenden im Seminar  Lernen und Forschen verbinden und historisches Arbeiten in all seinen Arbeitsstufen und Facetten erproben und anwenden. Das Ziel dabei war es, eine zitierfähige Online-Edition zu erstellen, die den Standards einer historisch-kritischen Edition entspricht und der interessierten Öffentlichkeit wie der Forschung zugänglich gemacht werden kann. Die Daten wurden sukzessiv in die Online-Edition eingepflegt und sind auf der Webseite zu finden: http://www.schrebitz.uni-bremen.de/ . Hintergrundtexte, Register und Kommentare werden nach und nach ergänzt.

Spiegel des „Kosmos Dorfgemeinschaft“

Mit der Edition dieser 500 Jahre alten Handschrift ist  ein Amtsbuch zugänglich, das Rechtsgeschäfte innerhalb einer dörflichen Gemeinschaft protokolliert. Das „gemeyne buch“ aus Schrebitz in Sachsen verzeichnet im Kernzeitraum von 1534 bis 1563 eine Vielzahl von Angelegenheiten der sogenannten kleinen bzw. freiwilligen Gerichtsbarkeit wie Erbschaftssachen und Kaufverträge. Als ein klassisches Mischbuch enthält es auf 249 Seiten ferner andere Texte, vom Inventar über ein Rezept bis zur Konfliktregelung. Es ermöglicht vielfältige und anschauliche Einblicke in nachbarschaftliche Beziehungen und familiale Strukturen, Besitzverhältnisse und topographische Gegebenheiten, Rechtsbräuche in der Zeit des Übergangs zum verschriftlichten Recht und gibt Aufschluss über zahlreiche Aspekte materieller Kultur im Alltag. Auf diese Weise spiegelt es den „Kosmos Dorfgemeinschaft“ in der frühen Neuzeit wider.

„Ein ambitioniertes Lehrprojekt“

Dr. Jan Ulrich Büttner, der für dieses Seminar 2014 den Berninghauspreis für ausgezeichnete Lehre und ihre Innovation erhielt, und Professorin. Cordula Nolte bewerten das Projekt so: „Die Erstellung einer historisch-kritischen Online-Edition einer bisher unbekannten Handschrift mit mehr als 200 Seiten während eines Seminars gehört sicher zu den ambitionierteren Projekten. Doch es ist ein zentrales Anliegen des neuausgerichteten Masterstudiengangs „Geschichte“, die Studierenden zu eigenständigen Forschungen im Bereich der Geschichtswissenschaft zu befähigen. Die Relevanz einer Online-Edition im digitalen Zeitalter hängt auch von ihrer quantitativ und qualitativ überzeugenden Präsenz im Internet ab. Denn interessierte Nutzer bekommen so die Möglichkeit die Transkription einer Handschrift aus dem 16. Jahrhundert abzurufen.“ Der Dank aller Beteiligten gilt Ortrud Schönfeld, der Besitzerin der Handschrift, die das Projekt durch ihre großzügige Unterstützung erst ermöglicht hat. Langfristig ist geplant, die für das Projekt verwendete Literatur durch Stammbäume und studentische Texte über die freiwillige Gerichtsbarkeit, Maße, Währungen und Rechtsformeln zu ergänzen.

Achtung Redaktionen: In der Uni-Pressestelle kann Illustrationsmaterial angefordert werden.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Fachbereich Sozialwissenschaften
Institut für Geschichtswissenschaft
Dr. Jan Ulrich Büttner
Telefon: 0421 / 218-67231
E-Mail: editoresprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
und
Jan-Nikolas Döllinger (Masterstudent Geschichte)
E-Mail: s_8yei4hprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de