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Wie groß ist der Einfluss von EU-Gerichten auf nationale Sozialleistungen?

Innerhalb der Europäischen Union wird das Thema Armutsmigration häufig diskutiert. In den Verhandlungen bemühen sich die EU-Mitgliedsstaaten, ihre Sozialsysteme weitgehend unter nationaler Kontrolle zu behalten. Wie weit ist das vor dem Hintergrund vieler Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs möglich? In welchem Umfang erheben erwerbslose EU-Bürger Anspruch auf soziale Transferzahlungen in den Gastländern? Der Europäische Gerichtshof hat auf Basis von EU-Bürgerschaftsrechten den Anspruch erwerbsloser EU-Bürger auf nationale Leistungen in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut.

Eine internationale Projektgruppe hat sich dieser Thematik nun als Forschungsthema angenommen. Im Projekt „Transnationalization and the judicialization of welfare“ (TransJudFare) untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bremen gemeinsam mit Partnern in Kopenhagen, Salzburg und Amsterdam die Problematik des Rechts auf soziale Leistungen und wie es durch Gerichte geprägt wird. Die Projektleitung und Koordination wurde der Politikwissenschaftlerin, Professorin Susanne K. Schmidt vom Institut für Interkulturelle und Internationale Studien (InIIS) der Universität Bremen übertragen. TransJudFare wird von NORFACE, einem Netzwerk von 15 nationalen Forschungsförderorganisationen, finanziert. Den deutschen Anteil trägt die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Innerhalb von drei Jahren werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Entwicklungen in fünf Ländern untersuchen: Deutschland, Großbritannien, Dänemark, Österreich und den Niederlanden. NORFACE fördert das Projekt mit insgesamt einer Million Euro, die Universität Bremen erhält davon rund 360.000 Euro.

Hintergrund des Projektes:

Der Projektverbund untersucht vergleichend für die fünf Mitgliedstaaten, in welchem Umfang EU-Bürger nach nationalem Recht Anspruch auf soziale Leistungen haben, inwieweit diese Leistungen wahrgenommen werden und wie dies politisch diskutiert wird. Das betrifft nicht nur unterschiedliche Maßnahmen der Sozialhilfe. Erforscht wird auch, inwieweit Studierenden aus anderen EU-Mitgliedsstaaten finanzielle Unterstützung wie BAföG gewährt wird.

Kommen diese Mitgliedstaaten ihren europarechtlichen Verpflichtungen nach, halten sie vereinbarte Leistungen vor, oder sind ihre nationalen Kriterien zur Bewilligung von Leistungen so weit gefasst, dass es erst hierdurch zur Armutsmigration kommt? Dies wurde wiederholt von der EU-Kommission ins Feld geführt. Viele Ansprüche ergeben sich erst aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Das Projekt fragt, inwiefern Gerichte in den Mitgliedstaaten dieser Rechtsprechung folgen und es so zu einer Judizialisierung des Rechts auf soziale Leistungen kommt.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Fachbereich Sozialwissenschaften
Institut für Interkulturelle und Internationale Studien
Dr. Benjamin Werner
Tel.: +49 421/218-674 69
E-Mail: bwernerprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de

Gebäude des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg