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Die Chefin des Uni-Gedächtnisses

Wenn Sigrid Dauks schneeweiße Handschuhe anzieht und vorsichtig einen Archivkarton öffnet, dann ist das ein feierlicher Augenblick. Seit drei Jahren hütet die gelernte Bibliotheksassistentin, studierte Historikerin und Diplomarchivarin die Zeugnisse der Universitätsgeschichte. Sie macht ihre Arbeit…

Sperrfrist von 30 Jahren

2.200 gleitende Regalmeter stehen im Universitätsarchiv für die nächsten 30 Jahre zur Verfügung, 358 sind bereits voll. Seit 2010 sind Akten, Protokolle, Abschlussarbeiten, Flugblätter, Zeitungsartikel, Broschüren, Nachlässe und Fotos in den topsanierten Räumen im GW1 untergebracht. „Die Herrichtung dieses Gebäudeteils für unsere Zwecke war dank Konjunkturpaket II möglich“, sagt Sigrid Dauks. Sie ist bereits seit Oktober 2003 Mitarbeiterin des Archivs. Damals war es noch im SFG mit verstreuten Magazinen in anderen Gebäuden und Kellern untergebracht. Kein Vergleich zu heute. Besucher passieren einen Galeriegang mit Fotos aus der Gründerzeit und erreichen einen modernen kleinen Lesesaal. Hier können sie selbständig in der Archivdatenbank recherchieren, relevante Akten aus dem Magazin bestellen und einsehen. Kostbar ist das Erbe der Vergangenheit. Das zeigt sich schon im Detail. Um eine dicke Akte auf schonende Weise geöffnet zu halten, werden weiße Leinensäckchen aufgelegt. Ein Buch oder ein anderer schwerer Gegenstand könnte das Papier beschädigen. Auch wenn 1971, das Gründungsjahr der Universität, noch nicht so lange zurückliegt: Das Archiv hat seine Gesetze. „Die Sperrfrist von 30 Jahren für Sachakten müssen wir einhalten“, sagt die Chefin. Eingesehen werden dürften derzeit alle Unterlagen bis 1984. Der Rest unterliege dem Datenschutz.

Faible für Verwaltungsstrukturen

„Ich komme vom Land“, sagt die 48-Jährige. In der Stadtbücherei im westfälischen Espelkamp hat sie nach dem Abitur eine Bibliotheksfachausbildung absolviert. Sechs Jahre hat sie in diesem Beruf gearbeitet, dann wollte sie weg aus der Provinz. „Für die Uni Bremen sprach, dass sie als fortschrittlich und politisch aktiv bekannt war.“ 1999 hat Sigrid Dauks ihre Studien mit dem Magister für Geschichte abgeschlossen. Über einen Umweg kam sie ins Archiv. Das befand sich damals im Aufbau. Sie wurde verantwortlich für die Kontakte zu den Fachbereichen. „Man muss ein Faible für Verwaltungsstrukturen haben“, sagt die Historikerin. Keine Akte dürfe vernichtet werden, ohne dass das Archiv gefragt werde. Laut Dienstanweisung des Kanzlers von 2001 haben alle universitären Einrichtungen diese Abgabepflicht. Für das Universitätsarchiv und seine vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beginnt die eigentliche Arbeit erst dann. „Zu entscheiden, was für die Zukunft erhaltenswert ist, das ist die schwierigste Aufgabe“, sagt Sigrid Dauks. 15.000 Archivalien sind bereits erschlossen, noch einmal so viele warten derzeit auf Bearbeitung. Dazu kommen etwa 40.000 Flugblätter, die noch nicht eingearbeitet sind.

Junge Menschen ausbilden

Nun muss man nicht denken, die Archivarin vergrabe sich zwischen ihren Akten. Dazu ist Sigrid Dauks viel zu aktiv. So widmet sie ihre Freizeit unter anderem den lateinamerikanischen Tänzen. Für das Archiv ist Öffentlichkeitsarbeit ihr Herzensanliegen. Aktuell sind Uni-Dokumente in einer Ausstellung in der Weserburg zu sehen. Sie möchte gerne noch stärker mit den Historikerinnen und Historikern der Universität zusammenarbeiten, mehr Lehrende und Studierende erreichen, Archivführungen verstärken, Benutzerzahlen erhöhen. „Ich würde mir wünschen, dass wir zum Ausbildungsbetrieb werden können, junge Leute haben heute andere Fragen an die Gegenwart und schauen auch ganz anders auf die Vergangenheit“, sagt Sigrid Dauks.

Weitere Informationen über das Uni-Archiv finden Sie unter:
http://www.uni-bremen.de/archiv.html

 

Frau lächelt in Kamera.
Sigrid Dauks leitet seit drei Jahren das Universitätsarchiv im GW1.
Frau mit Handschuhen legt Fotos auf einen Tisch.
Die Dokumente sind kostbar: Wenn die Diplomarchivarin einen Karton mit historischen Fotografien öffnet, zieht sie schneeweiße Handschuhe über.
Frau steht in einem Gang zwischen zwei Regalreihen.
2.200 Regalmeter stehen für die nächsten 30 Jahre zur Verfügung. Die gleitenden Regale werden mit Handkurbeln bewegt.