Detailansicht

Einen Lehrer zum Mieten

An den Grundschulen fehlen männliche Lehrkräfte. Das hat Auswirkungen auf den Alltag: Klassische Rollenbilder können sich so verfestigen. Der Bremer Pädagoge Christoph Fantini will das mit ungewöhnlichen Mitteln ändern.

Männliche Lehrkräfte in Grundschulen sind Mangelware. Allein in Bremen gibt es 17 von 74 Schulen, an denen kein einziger Mann unterrichtet. Auch der Anteil der Lehrer in der Primarstufe ist in den vergangenen dreißig Jahren von 40 auf 12 Prozent gesunken. "Eine große Zahl von Kindern geht durch die Bildungsinstitutionen und sieht nicht einen einzigen Mann", beklagt der Bremer Erziehungswissenschaftler Christoph Fantini die Situation. "Dadurch entsteht bei den Kindern ein eindeutiges Bild: Kümmern ist nicht männlich." Der Pädagoge versucht mit ambitionierten Ideen dem etwas entgegenzusetzen. Vor zwei Jahren gründete er deshalb das Projekt "Rent a Teacherman".

Wie funktioniert "Rent a Teacherman"?

Mit „Rent a Teacherman“ kann man einen männlichen Lehrer „mieten“ und das funktioniert so: Männliche Lehramtsstudierende werden semesterbegleitend einmal die Woche an eine der 15 Bremer Grundschulen mit rein weiblichen Kolleginnen „ausgeliehen“. 10.000 Euro bekommt Fantini jährlich von der Bremer Bildungsbehörde. Dafür stellt er Lehramtsstudenten ein, die er für jeweils zehn Stunden im Monat an Grundschulen verleiht. Zurzeit hat er zehn Mitarbeiter. Alle werden zusätzlich in einem genderorientierten Begleitseminar qualifiziert.

Es geht um weibliche und männliche Identifikationsfiguren

Warum ist es so wichtig, dass sowohl Männer als auch Frauen an Grundschulen unterrichten? „Männer machen nichts anders und auch nichts besser. Es geht einfach darum, weibliche und männliche Rollenbilder und Identifikationsfiguren zu haben”, sagt Fantini. Mit Lehrern können Schüler z. B. eher über „typische Jungsthemen“ reden. Es gehe aber auch um ganz simple Dinge, erklärt Julian Cirkovic: „Beim Sportunterricht kann ich jetzt die Jungen in die Umkleide begleiten, das muss nun nicht mehr die Lehrerin machen. So bleibt die Intimsphäre gewahrt.”

Cirkovic war bereits als „Teacherman“ mit seiner Grundschule auf Klassenfahrt und dabei nicht nur für die Belange der Jungs zuständig. „Sicher habe ich ein Fußballturnier organisiert, aber genauso selbstverständlich habe ich abends vor dem Einschlafen allen Kindern aus einem Buch vorgelesen”, erzählt der Masterstudent. Im Sexualkundeunterricht war er aber für die Jungen zuständig und eine Lehrerin für die Mädchen. So bräuchten Schülerinnen und kein Schüler weniger Scham haben.

Image aufpolieren

Warum lassen sich so wenige Männer als Grundschullehrer ausbilden? Als Grund wird oft das Einkommen genannt, das niedriger als an weiterführenden Schulen ist. Doch daran alleine kann es nicht liegen. Das Problem sei das Image, glaubt Fantini. „Den meisten ist nicht klar, dass nicht nur gesungen und gebastelt, sondern auch wertvolle pädagogische und didaktische Beziehungsarbeit geleistet wird. Wir müssen das Image ändern”, so der Bildungswissenschaftler.

Rent-a-Teacherman” ist nur eine temporäre Lösung, um mehr Männer an Grundschulen zu bekommen. Die Studenten, die an Grundschulen vermittelt werden, haben sich bereits zu Beginn ihres Studiums für einen Schulzweig entschieden. Im Moment gibt es „Rent-a-Teacherman” nur in Bremen. Fantini ruft aber dazu auf, es ihm nachzumachen.

Mann mit Bart in einer Gesprächssituation
Der Erziehungswissenschaftler Christoph Fantini gründete das Projekt "Rent a Teacherman"
Junger Mann vor einer Schultafel
Julian Cirkovic arbeitete als "Teacherman" in einer Bremer Grundschule