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Universität Bremen erinnert mit Gedenktafel an jüdische Schicksale

„Keiner blieb verschont“ steht auf der Tafel aus Stahl. Sie erinnert an die Deportation von 440 jüdischen Männern, Frauen und Kindern. Am 17. November 1941 zerrte sie die Gestapo aus ihren Häusern in Bremen, Bremerhaven und Verden und trieb sie auf dem Schulhof der Oberschule Am Barkhof zusammen. Vom Lloydbahnhof, dem heutigen Hauptbahnhof aus, wurden sie dann am 18. November in verschlossenen Waggons nach Minsk in Weißrussland gebracht.

Die Universität als ehemaliger Nutzer des Gebäudes hatte bereits vor 15 Jahren eine Messingtafel mit derselben Inschrift anbringen lassen. Sie wurde im März dieses Jahres von Unbekannten gestohlen und nun, zum Tag des Gedenkens, von der Universität ersetzt. Manfred Schürz, ehemaliger Dozent an der Akademie für Arbeit und Politik, die in dem Gebäude an der Parkallee 39 ihre Räume hatte, erzählte die Vorgeschichte. „Vergesst nicht den 18. November“, habe eines morgens am Eingang gestanden. Eine gespraytes Zitat von Unbekannt. „Wir sind der Sache dann nachgegangen und haben die Rolle des Barkhofs recherchiert“, sagte Schürz. Seither habe die Akademie jedes Jahr zum 18. November eine Gedenkveranstaltung organisiert.

Die Verfolgung der Bremer Juden

1941 gab Hitler den Befehl zur „Endlösung der deutschen Judenfrage“. Männer, Frauen und Kinder wurden deportiert und in Vernichtungslager gebracht. Auch in Bremen wurden ihre Häuser versiegelt, später ausgeraubt, das Inventar versteigert. Die Deportierten durften nur einen Koffer Handgepäck mitnehmen. Es hieß, sie gingen zum Arbeitseinsatz. Aber konnte das stimmen, wenn Kinder unter 14 Jahren und Greise dabei waren? In Minsk hatten die Deutschen nach der Eroberung der Stadt bereits im Sommer ein großes Juden-Ghetto eingerichtet. Es umfasste 40 Straßen. Um Platz zu schaffen für die Transporte unter anderem aus Bremen und Hamburg, wurden kurzerhand 12 000 weißrussische Juden ermordet. Die Bedingungen im Ghetto und den eilig eingerichteten angrenzenden Sonderlagern hinter Stacheldraht waren unbeschreiblich unmenschlich: Keine Heizung bei zweistelligen Minusgraden, kein Strom, täglich eine Wassersuppe. Die Menschen waren auf engstem Raum zusammengepfercht, starben an Krankheiten oder verhungerten. War ihre Arbeitskraft ausgepresst, kamen sie in die 12 Kilometer südöstlich von Minsk gelegene Vernichtungsstätte „Maly Trostenez“ und wurden in einem Wäldchen erschossen oder in Gaswaggons getötet und dann verscharrt.

Erinnerungskultur lebendig halten

Mit rund 500 Stolpersteinen in Bremen und Umgebung, Tafeln am Barkhof, am Hauptbahnhof in Bremen und Minsk soll an diese Verbrechen der Nazizeit erinnert werden. Michael Scherer aus der Landeszentrale für politische Bildung Bremen berichtete von guten Beziehungen nach Minsk. So solle in „Maly Trostinez“ eine Gedenkstätte errichtet werden. In Bremen sammle der Verein „Erinnern für die Zukunft“ dafür Geld. Nicola Roggendorf, Schulleiterin der Oberschule am Barkhof, kündigte an, dass Schülerinnen und Schüler sich in Projektarbeit mit dem Geschehen am 18. November 1941 beschäftigen werden. Wir dürfen nie vergessen.

Literaturtipp

  • Rohdenburg, Günther: „Judendeportationen von Bremerinnen und Bremern während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“, 2. Auflage, Bremen 2009
Manfred Schürz, ehemaliger Dozent an der Akademie für Arbeit und Politik der Universität Bremen, ist einer der Initiatoren der Tafel. Der Spruch "Keiner blieb verschont" stammt aus der Synagoge in Worms.
Mit einer Gedenkveranstaltung wurde die erneuerte Tafel am Eingang der Oberschule Am Barkhof der Öffentlichkeit vorgestellt.