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Bremer Gesundheitsexperten: Neue Medikamente sind nicht immer besser

Neu eingeführte Medikamente bedeuten trotz verschärfter gesetzlicher Regelungen längst nicht immer einen medizinischen Fortschritt für die Patienten. Auch führt das Verfahren eines neuen Gesetzes, das den Zusatznutzen von Medikamenten bewertet und den Titel Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) trägt, nicht zu deutlich verringerten Ausgaben für die Krankenkassen. Zu diesem Ergebnis kommt der Innovationsreport 2014, den die Gesundheitsexperten Dr. Roland Windt, Daniela Boeschen und Professor Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen erstellt haben. Der Bericht wurde mit Unterstützung der Techniker Krankenkasse (TK) realisiert und kürzlich auf der Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt. Er bietet Fachkreisen Orientierung im Arzneimittelmarkt und leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgungsforschung.

Zu den Ergebnissen:

Die Wissenschaftler stufen in dem Bericht nur drei von zwanzig untersuchten Wirkstoffen, die 2011 in Deutschland neu auf den Markt gekommen sind, als therapeutischen Fortschritt ein. Dagegen wurden sieben der zwanzig neuen Wirkstoffe als nicht innovativ klassifiziert. Insgesamt fallen die Bewertungsergebnisse damit etwas besser aus als im letztjährigen Innovationsreport, in dem es um die 2010 zugelassenen Arzneimittel ging: Damals erhielt nur eines die Bestbewertung und 14 von 21 untersuchten Wirkstoffen wurden als gar nicht innovativ bewertet.

„Der seit dem Jahr 2011 durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes AMNOG geforderte Nachweis eines Zusatznutzens hat offensichtlich nicht zu einer wesentlichen Zunahme wirklich innovativer Wirkstoffe geführt“, sagt Professor Gerd Glaeske. Der therapeutische Nutzen neu zugelassener Arzneimittel könnte jedoch in Zukunft möglicherweise besser nachweisbar sein, sofern sich vor dem Hintergrund des AMNOG die Qualität der durchgeführten klinischen Studien weiter verbessert.

Nicht nur neue Medikamente auf Nutzen prüfen

Thematisiert wird auch der Bestandsmarkt. Denn aus Sicht der Autoren ist es notwendig, nicht nur neue Arzneimittel auf Nutzen und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen, sondern auch solche, die bereits seit vielen Jahren im Markt sind. Zudem wird das Thema „Stratifizierte Medizin" beleuchtet: Der Einsatz neuerer Arzneimittel ist gerade im Bereich der Krebsmedizin an den Nachweis von Biomarkern im Körper gebunden. Eine solche Biomarker basierte Medizin bietet Chancen, aber auch Risiken – etwa, dass Personen eine neuartige Therapie fälschlicherweise vorenthalten wird, weil sie keinen solchen Biomarker aufweisen. Biomarker sind ebenfalls das Ziel von Gentests aus der Apotheke. Auch hier mangelt es an Belegen für einen wirklichen patientenrelevanten Nutzen solcher Tests. Um hier dringend benötigte Erkenntnisse zu gewinnen, ist die Durchführung geeigneter Studien nötig.

Weitere Informationen unter www.zes.uni-bremen.de.

Innovationsreport zum Download:

Weitere Informationen:
Universität Bremen
Zentrum für Sozialpolitik (ZeS)
Dr. Roland Windt
E-Mail: rwindtprotect me ?!zes.uni-bremenprotect me ?!.de

Daniela Boeschen
E-Mail: dboeschenprotect me ?!zes.uni-bremenprotect me ?!.de

Prof.Dr. Gerd Glaeske
E-Mail: gglaeskeprotect me ?!zes.uni-bremenprotect me ?!.de

Frauenhände halten ein aufgeschlagenes Buch.
Gesundheitsexperten von Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Uni Bremen haben den Innovationsreport 2014 erstellt. Foto: Techniker Krankenkasse.