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Meeresforscher entdecken lebende „Brennstoffzellen“

Weltweit wird nach Wegen gesucht, wie der steigende Energiebedarf unserer Gesellschaft umweltfreundlicher gedeckt werden kann. Ein vielversprechender Ansatz scheint der Einsatz Wasserstoff-betriebener Brennstoffzellen zu sein. Während auf diesem Gebiet erhebliche Forschungsanstrengungen unternommen werden, hat die Natur lebende „Brennstoffzellen“ bereits in Betrieb genommen: Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie und ihre Kollegen vom Exzellenzcluster MARUM an der Universität Bremen entdeckten im Rahmen von Forschungsfahrten zu heißen Quellen in der Tiefsee Muscheln, die ihre eigenen Wasserstoff-betriebenen Brennstoffzellen „an Bord“ haben – und zwar in Form symbiotischer Bakterien. Die Fähigkeit, Wasserstoff als Energiequelle zu nutzen, sei bei den Lebensgemeinschaften an Tiefseequellen vermutlich weit verbreitet, schreiben die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts Nature.

Heiße Quellen in der Tiefsee entstehen an den Verschiebungszonen der Erdplatten, dort, wo Magma in die obere Erdkruste aufsteigt und Seewasser mit dem hoch erhitzten Magma in Kontakt kommt. Das erhitzte Seewasser löst Mineralien aus der Erdkruste, und tritt mit bis zu 400 Grad Celsius an den sogenannten Schwarzen Rauchern wieder aus. So gelangen Schwefelwasserstoff, Ammonium, Methan, Eisen oder Wasserstoff ins Meer. Aus der Oxidation dieser anorganischen Verbindungen gewinnen die Organismen Energie, um Kohlenhydrate aufzubauen. Da in die Tiefen des Ozeans kein Sonnenlicht vordringt, müssen chemische Reaktionen diese Energie liefern. In Analogie zur Fotosynthese spricht man daher von Chemosynthese.

Chemosynthetische Mikroorganismen bilden die Existenzgrundlage für einzigartige Lebensgemeinschaften an den heißen Quellen der Tiefsee. Denn viele, bis vor kurzem noch vollkommen unbekannte Arten von Würmern, Weichtieren und Gliederfüßern können dort nur überleben, weil sie symbiotische Beziehungen mit Bakterien eingegangen sind und somit quasi ihr eigenes Kraftwerk betreiben. Bislang waren allerdings nur zwei Quellen bekannt, aus denen die jeweiligen symbiotischen Mikroorganismen Energie gewinnen: Schwefelwasserstoff und Methan. „Wir haben jetzt eine dritte Quelle entdeckt“, sagt die Leiterin des Forschungsprojektes Nicole Dubilier vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen.
Weitere Informationen unter www.marum.de 

Auf dem Bild ist ein großes Muschelfeld in der Tiefsee zu sehen. Rechts unten sieht man einen Krebs.
Muschelfelder um die hydrothermalen Quellen herum erreichen eine Ausdehnung von einigen hundert Quadratmetern, auf denen sich dann bis zu einer halben Millionen Individuen tummeln. (Foto: MARUM)