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Tag des Gedenkens 2014 an der Uni Bremen

Am 27. Januar 2014 findet an der Universität Bremen wieder der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Die zentrale Veranstaltung der Uni Bremen stellt die Frage: Welche Rolle spielte die Mathematik im NS-Staat?

Bereits ab 1933 war die Mathematik eine der Disziplinen, die von der nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik stark beeinflusst wurde. Massenentlassungen so genannter „Nichtarier“ und politisch Andersdenkender führten zur Auswanderung eines Drittels der habilitierten Mathematiker. Mit Kriegsbeginn begannen die Instrumentalisierung der mathematischen Forschung und die Beteiligung von Mathematikern an der Kriegsforschung. Dr. Ulf Hashagen beschäftigt sich mit diesem Thema in seinem Vortrag „Die Selbstmobilisierung und Instrumentalisierung der Angewandten Mathematik im NS-Staat“. Der Vortrag findet um 16:00 Uhr im Hörsaalgebäude GW 1 (gegenüber Universum) statt. Die Bremer Öffentlichkeit ist dazu herzlich eingeladen.

„Unpolitische“ Mathematiker waren äußerst nützlich für die Kriegsforschung

Anhand von Fallbeispielen legt Ulf Hashagen dar, wie sich unter dem Anpassungsdruck des Nationalsozialismus und der Anpassungsbereitschaft der Wissenschaftler an das „Dritte Reich“ das mathematische Wissenschaftssystem in Deutschland grundlegend veränderte. Paradoxerweise erwiesen sich gerade die nach ihrem Selbstverständnis „unpolitischen“ Mathematiker durch ihre Forschungsbeiträge im Bereich der Angewandten Mathematik als äußerst nützlich für die Kriegsforschung und für die Stabilität des NS-Regimes. Eine Folge war, dass auch Mathematiker, die sich in erster Linie ihrem Fachdenken verpflichtet fühlten, ihre Expertise für die Militärforschung des „Dritten Reiches“ zur Verfügung stellten und im Gegenzug Ressourcen des NS-Staates für ihre eigenen Forschungen nutzen konnten. Einige führende Mathematiker und Physiker wurden durch ihre Arbeit in der Kriegsforschung in Vorhaben der SS verwickelt. Einige von ihnen setzten auch ausländische Wissenschaftlerkollegen als „Zwangsarbeiter für die mathematische Kriegsforschung“ ein.

Dr. Ulf Hashagen ist Leiter des Forschungsinstituts für Technik- und Wissenschaftsgeschichte am Deutschen Museum. Außerdem lehrt er als Privatdozent für Wissenschafts- und Technikgeschichte an der LMU München. Er forscht vor allem zur Geschichte der Mathematik und Informatik im 19. und 20. Jahrhundert, aber auch zur Entwicklung des deutschen Wissenschaftssystems.

Ein Interview unseres Online-Magazins „BUS aktuell mit Dr. Ulf Hashagen zu diesem Thema finden Sie hier.

Weitere Veranstaltungen zum Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus an der Uni und in der Stadt finden Sie in der ausführlichen Pressemitteilung.