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Nachwuchsgruppe erforscht „Straßenkarten der Logistik“

Das Büro von Dr. Till Becker ist noch halb leer. Erst vor zwei Wochen ist er ins Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA) eingezogen. Der Wirtschaftsinformatiker und promovierte Logistiker wird in den nächsten Wochen seine eigene Arbeitsgruppe aufbauen. Die Exzellenzinitiative macht‘s…

Die „Kooperative Nachwuchsgruppe“, so der genaue Titel der Maßnahme 3 aus dem Zukunftsprogramm der Universität Bremen, wird mit einem Bein im Fachbereich Produktionstechnik und mit dem anderen im An-Institut BIBA stehen. Drei Jahre Förderung sind garantiert, nach einer erfolgreichen Evaluation kann noch einmal um zwei Folgejahre verlängert werden. Vor Dr. Becker liegt jetzt eine Menge Arbeit. Er wird zwei Doktoranden aussuchen und einstellen, sich nach studentischen Hilfskräften umschauen, ein Labor aufbauen, Tuchfühlung mit Unternehmen und Produktionsbetrieben aufnehmen, Drittmittel einwerben, Masterarbeiten an sein Forschungsthema anbinden, internationale wissenschaftliche Kontakte knüpfen…

Topologie und Dynamik

„Forschung hört nie auf“, sagt der 33-Jährige, der als Post Doc von der Jacobs University an die Bremer Uni gekommen ist. „Man hat nicht nur ein einziges Ziel und kann sich, kaum dass es erreicht ist, zur Ruhe setzen.“ Was ist nun in den kommenden drei Jahren sein vorrangiges Forschungsthema und das seiner Gruppe? „Topologie und Dynamik in Produktionssystemen“, sagt Becker. Die Topologie ist die Struktur von Herstellungsprozessen. Das sind zum Beispiel die Wege, die ein Werkstück an verschiedenen Stationen und Maschinen zurücklegt, ehe es fertig ist. Die Dynamik solcher Produktionsprozesse ist bei größeren Systemen nicht einfach zu überblicken. „Man muss sich das wie eine Straßenkarte vorstellen“, sagt Becker. Im Kern gehe es darum, Abläufe zu optimieren, Wartezeiten zu minimieren, die Produktion klug und effizient zu organisieren. Wie stark sind die Maschinen vernetzt? Wie ist der Durchfluss? Solche und ähnliche Fragen stellen sich die Logistiker.

Linear und verästelt

Dafür gibt es Kategorien. „In der Autoindustrie sind die Abläufe eher linear, an der Taktstraße wird ein Teil nach dem anderen hinzugefügt“, sagt der Post Doc. „Im Stahlwerk hat man das Modell eines Baumes, der sich verästelt. Der Stahl wandert nach verschiedenen Seiten in verschiedene Stationen, wird mal dicker, mal dünner ausgewalzt, bekommt ein Profil und so weiter.“ Bei der Spezialfertigung einzelner Teile zum Beispiel im Maschinenbau werde die „Straßenkarte der Produktion“ noch unübersichtlicher. Es seien Bewegungen und Cluster auszumachen. Becker zeigt entsprechende Grafiken in seiner Doktorarbeit, die die Komplexität der Produktionsprozesse veranschaulichen. Sein Forscherteam wird Prozesse sowohl in Unternehmen vor Ort untersuchen, als auch durch Computersimulationen sichtbar machen.

Top-Ausstattung

Schon jetzt, obwohl noch alles auf Anfang steht, ist der junge Wissenschaftler des Lobes voll. „Die Ausstattung ist top, manche Juniorprofessur hat weniger“, strahlt er. Becker kommt aus Münster, hat dort an der Universität Wirtschaftsinformatik studiert und dann ein Jahr als IT-Prüfer bei PricewaterhouseCoopers gearbeitet. Promoviert hat er 2012 an der Jacobs Uni und dort als Postdoc in Forschung und Lehre Erfahrungen gesammelt. Er freut sich, am BIBA zu sein, „das ist ja das Zentrum der Logistikforschung an der Uni Bremen“. Vor dem, was da auf ihn zukommt, hat er keine Berührungsängste. Verantwortung zu übernehmen, ist er gewohnt. „Ich freu mich drauf“, sagt er.

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