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Professor Görres: „China wird in der Altenpflege rasch und innovativ handeln“

„Altenpflege in Deutschland und China im Vergleich“ ist Thema eines zweitägigen Deutsch-Chinesischen Symposiums am 5. und 6. Februar 2015 in Bremen. Was dürfen die Teilnehmer von diesem Austausch erwarten? BUS sprach darüber vorab mit Professor Stefan Görres, Dekan des Fachbereiches Human-und…

Herr Professor Görres, Sie haben die Veranstaltung gemeinsam mit dem Bremer Konfuzius-Institut als Sponsor und Partner organisiert. Warum gerade China?

Bremen verbinden mit China vielfältige wirtschaftliche Beziehungen. Wir bringen ein neues Thema auf die Tagesordnung, die Altenpflege. Das Thema „Alter“ ist vor dem Hintergrund des demographischen Wandels für beide Länder interessant. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, doch die Zahl der Fachkräfte hält mit diesem Wachstum nicht Schritt. Seit Jahren stehen wir in Deutschland vor der Herausforderung, wer die alten Menschen wie und wo pflegt.

Wie ist das in China?

Auch dort ist der demographische Wandel jetzt ganz massiv spürbar. China ist das asiatische Land mit der höchsten Alterungsrate. Das Land „ergraut“, verglichen mit Europa, mit doppelter Geschwindigkeit. Die per Gesetz verordnete Ein-Kind-Politik zeigt ihre negative Wirkung. Es gibt keine altenpflegerische Infrastruktur mit ambulanten Pflegediensten oder Pflegeheimen wie bei uns. Es gibt weder eine Pflegeversicherung, noch eine Spezialisierung von Fachkräften in der Altenpflege

Das klingt aber so, als könne China vor allem von Deutschland lernen. Wie können wir von diesem Austausch profitieren?

China ist ein reiches Land. Es wird das Thema Altenpflege auf die politische Agenda setzen und rasch handeln. Dabei, da bin ich sicher, wird China innovative Modelle entwickeln und umsetzen. Und das in kürzester Zeit. Zu erwarten sind technikorientierte Lösungen wie eine bessere Software für Pflegedokumentationen, neue Entwicklungen in der Robotik oder assistierende Technikhilfen für ältere Menschen. Da kann Deutschland sicher profitieren und die Zusammenarbeit vertiefen.

Warum glauben Sie, dass die Herausforderungen an die Altenpflege in China schneller gelöst werden?

Nun, es liegt natürlich auch an der gesellschaftlichen Struktur. Die Maßnahmen werden in China nach wie vor top-down verordnet. Das will ich jetzt nicht werten. In Deutschland braucht alles lange Zeit. Ein Beispiel: Ein neuer Pflegebegriff, der die Besserstellung von Menschen mit Demenz vorsieht, ist hier seit zehn Jahren in der Diskussion. Eine entsprechende gesetzliche Regelung ist erst 2017 zu erwarten.

Das zweitägige Kolloquium findet im Haus der Bürgerschaft statt. Welche Gäste und Experten erwarten Sie?

Wir haben den Austausch mit Vorträgen, Diskussionen und Projektpräsentationen sehr hochrangig angebunden und erwarten Pflegeexperten aus ganz Deutschland. Zum Beispiel vom Deutschen Pflegerat, der Deutsch-chinesischen Gesellschaft für Pflege und vom Kuratorium Deutsche Altershilfe. Es freut uns, dass Dr. Matthias von Schwanenflügel, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, einen Vortrag halten wird. Die chinesischen Gäste kommen aus Bremens Partnerstadt Dalian, aus Peking und Changchun. Darunter ist Frau Professor Xiuhua Li, Präsidentin der mächtigen Chinese Nursing Association. Sämtliche chinesischen Pflegekräfte sind verpflichtet, Mitglied in dieser Organisation zu sein. Frau Li ist das erste Mal in Deutschland und wird nach dem Bremer Symposium zu Gesprächen nach Berlin weiterreisen. Christian Weber, Präsident der Bremischen Bürgerschaft, wird ebenso Grußworte sprechen wie der Konsul für China in Hamburg und ein Vertreter der chinesischen Botschaft in Berlin. Gesundheitssenator Dr. Hermann Schulte-Sasse gibt abends einen Empfang im Rathaus. Neben dem fachlichen organisieren wir gemeinsam mit dem Konfuzius-Institut auch den kulturellen Austausch mit Stadtführungen und Besichtigungen.

Welche Erwartungen haben Sie an die Wirkung des Symposiums?

Ich hoffe, dass der Austausch weiter fortgesetzt werden kann und dann in regelmäßige Zusammenarbeit mündet. Wir denken jetzt schon an eine Folgeveranstaltung in ein bis zwei Jahren in Dalian, Bremens chinesischer Partnerstadt.

Informationen zur Tagung

 

Porträt eines grauhaarigen Mannes
Professor Stefan Görres vom Institut für Public Health und Pflegeforschung hat die Tagung organisiert.