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Stephan Leibfried: Der Mann mit dem richtigen sozialwissenschaftlichen Riecher

Große Anerkennung für die bremische sozialwissenschaftliche Forschung: Professor Stephan Leibfried: erhält den Schader-Preis 2014. Der mit 15.000 Euro dotierte Preis würdigt Leibfrieds Verdienste um die sozialwissenschaftliche Forschung zu Sozialstaat und Staat. Er gehört damit zur Reihe illustrer…

Mit dem Schader-Preis zeichnet die Schader-Stiftung Gesellschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus, die durch ihre wissenschaftliche Arbeit und ihr öffentliches Wirken wichtige Beiträge für die Lösung gesellschaftlicher Probleme geleistet haben. Professor Stephan Leibfried erfüllt dieses Profil in ganz besonderem Maße. BUS aktuell sprach mit dem zukünftigen Preisträger, dem der Preis am 15. Mai in Darmstadt verliehen wird.

BUS aktuell:Der Schader-Preis ist außerhalb der geisteswissenschaftlichen Szene weitgehend unbekannt. Warum ist der Preis für Sie so wichtig?

Stephan Leibfried: Misst man Preise am Bekanntheitsgrad in der Öffentlichkeit, dann bleibt außer Nobel und Bambi wenig übrig. Aber ist das wirklich ein vernünftiger Maßstab? Gerade der Bekanntheitsgrad in der „Szene" ist es doch, der das Besondere signalisiert: Die Bremer Sozialwissenschaften sind preiswürdig! Und zwar genau dort, wo sie in den 1970er Jahren am wenigsten für voll genommen worden sind. Ich sehe den Preis weniger als einen Preis für mich, sondern als eine Auszeichnung für die vielen Mitstreiter in mittlerweile 40 Jahren, die alle viel Arbeit und noch mehr gute Ideen in das Gelingen der Bremer Sozialwissenschaften gesteckt haben. Und gerade dazu ist es gut, dass es ein „Szene"-Preis ist!

Sie haben die Entwicklung der Uni Bremen von der ehemals roten Kaderschmiede zur Exzellenz-Uni miterlebt und mit gestaltet. Wie haben es die Bremer Sozialwissenschaften in vier Jahrzehnten geschafft, vom ungeliebten Schmuddelkind an die nationale und internationale Wissenschaftsspitze zu kommen?

Der Witz ist ja, dass es auch die Ruinen – oder sollte ich besser sagen, die gut gedüngten Felder – der "roten Kaderschmiede" waren, die den Erfolg erst möglich gemacht haben. Bremen hatte keine in Stein gemeißelten Lehrstühle, keine in Säulen gegossenen Fachinstitute und damit auch keine mit institutionellen Eigeninteressen festzementierten Scheuklappen. Das bot die Chance, eine interdisziplinäre Forschungslandschaft aufzubauen. Hinzu kamen einige gute Ideen – der richtige Riecher sozusagen – für die großen, wichtigen Fragen: die gesellschaftliche Spaltung nach den Wirtschaftskrisen der 1970er Jahre, der Umbau des Staates unter Globalisierungsdruck seit den 1980er Jahren. Oder aber der Aufbau der Graduate School of Social Sciences mit Hilfe der VolkswagenStiftung lange bevor die Exzellenzinitiative Graduiertenschulen zu ihrem Fördergegenstand gemacht hat. Ferner die Unterstützung seitens der Universitätsleitung, weil man nur mit Bordmitteln keine nachhaltige Forschungslandschaft schaffen kann. Viel, viel Arbeit und Hartnäckigkeit schließlich, immerhin standen oft mehr als 1.000 Seiten lange Finanzierungsanträge am Anfang der Forschungsverbünde. Es war (und ist) Teamarbeit, die in Bremen die Grundlage dafür geschaffen hat, mit solchen Universitätselefanten wie der TU München oder der RWTH Aachen in der Exzellenzinitiative erfolgreich mitzutanzen.

Für den Schader-Preis gibt es 15.000 Euro Preisgeld. Welchen privaten Wunsch erfüllen Sie sich damit?

Das mit dem privaten Wunsch ist so eine Sache. Nehme ich das Preisgeld selbst ein, muss ich es vermutlich versteuern. Dabei gäbe es an der Universität viele wichtige Dinge, die man damit voranbringen könnte. Ich bin seit 1974, seit meinem 30. Lebensjahr, Professor hier in Bremen und verdanke der Universität viel. Aber hier ist im Moment Schmalhans Küchenmeister, so dass man Angst bekommt, weil Bremen mittlerweile auch viel zu verlieren hat, wenn die Finanzierung unter ein Mindestmaß fällt – und das ist zum Greifen nahe. Die Wissenschaft ist die Zukunftsindustrie für Bremen. Da tun wir nicht genug und müssen aus unserer gesamtuniversitären Exzellenz deutlich mehr machen. Die Arbeit geht weiter!

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Pressemitteilung

Mann auf Podiumsdiskussion.
Er leistet seit mehr als 30 Jahren wichtige Beiträge zur Lösung gesellschaftlicher Probleme: Prof. Stephan Leibfried.