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Wie kommunizieren Studierende und Lehrende miteinander?

Am „Tag der Lehre“ diskutierten Uni-Angehörige aller Fachbereiche in zahlreichen dezentralen Veranstaltungen über Vorschläge, um das Studium an der Universität Bremen zu verbessern. Prüfungsformen, Betreuung von Bachelorarbeiten, Übergang vom Bachelor zum Master, Forschendes Studieren, General…

„Verbesserte Kommunikation zwischen Studierenden und Lehrenden“ war Anliegen einer Arbeitsgruppe des Instituts für Ethnologie und Kulturwissenschaft. Welche Kommunikationskanäle nutzen Studierende? Funktioniert Feedback auf beiden Seiten und was kann man gemeinsam tun, um nachhaltig etwas zu verbessern? Das war der Fahrplan der Diskussion. Moderiert wurde die Veranstaltung von Oliver Hinkelbein und Henning Koch von der Seite der Lehrenden sowie Tülin Fidan und Michaela-Dona Mitseva als Vertreterinnen des Studiengangausschusses (StugA). Die Atmosphäre war wohltuend offen und kritisch.

„Ist mein Anliegen wichtig genug?“

Eine „Diskrepanz zwischen analoger und digitaler Kommunikation“ beklagt Oliver Hinkelbein. Studierende nutzen nicht vorrangig die Sprechzeiten in seinem Büro, sondern schreiben lieber E-Mails. „Ich erhalte utopisch viele Mails, die ich nicht mehr beantworten kann“, sagt der Kulturwissenschaftler. Henning Koch findet Telefonate effektiver, gibt aber zu bedenken, dass er den Großteil seiner Arbeitszeit nicht zwingend im Büro verbringt. Ein Telefonat bringe mehr als 100 E-Mails hin und her. Und die Studierenden? „Ich wähle lieber eine Mail als ein persönliches Gespräch, weil ich mir genau überlegen kann, wie ich formuliere“, sagt eine Teilnehmerin. Andere trauen sich nicht, einfach mal außerhalb der Öffnungszeiten an die Tür des Dozenten zu klopfen. „Ist mein Anliegen dafür überhaupt wichtig genug?“, fragt sich eine Studentin. An ein Telefonat mit einem Studierenden kann sich der wissenschaftliche Mitarbeiter Martin Gruber nicht erinnern. „Das wird eigentlich nie genutzt.“ Hinkelbein ermuntert: „Sie müssen keine Angst haben, dass ihr Grund für ein Gespräch nicht triftig ist. Wir müssen für Sie da sein“.

Schwund im Seminar

„Wir dürfen den Hauptkontext für Kommunikation, unsere Lehrveranstaltungen, nicht vergessen“, ergänzt er. „Denken ist Austausch.“ Und beim Austausch über die Lehrveranstaltungen kommt in der Diskussion heraus, dass mit fortschreitendem Semester immer weniger Studierende ins Seminar kommen. „Wir kommunizieren dann über die, die nicht da sind“, sagt Hinkelbein. Ein Student gesteht ehrlich ein, dass er einen hochinteressanten Text lieber allein zu Hause gelesen hat. „Im Seminar kommt keine Diskussion zustande, das wird nicht angeregt. Ich finde das schade.“ Eine Studentin sagt: „Einer fragt was und 20 Leute gucken stumm in den Raum.“ Martin Gruber macht deutlich, dass für Dozenten das Feedback von Studierenden immens wichtig ist. Margrit Kaufmann achtet in ihren Vorlesungen genau auf ihre Zuhörerinnen und Zuhörer. „Stirnrunzeln finde ich schon problematisch“, sagt sie. Für sie sei es unerlässlich, Einzelne wahrzunehmen. „Bin ich alleine oder in Kommunikation?“ sei eine wichtige Frage für sie.

Feedback war umsonst

Und das Feedback für Studierende? Eine Teilnehmerin getraut sich inzwischen, es einzufordern. „Im ersten Semester war ich dafür noch zu unsicher.“ Bei 800 Studierenden im Institut stößt das Feedback an seine Grenzen, machen die Lehrenden deutlich. Aufgrund von negativen Erfahrungen hat Oliver Hinkelbein eine klare Haltung. „Ich gebe nur dann eine Rückmeldung über die Leistung, wenn ich dazu aufgefordert werde.“ Er berichtet, dass er ursprünglich unter jeder Arbeit einen langen Kommentar zur Begründung der Note verfasst hat. „Nur zehn Prozent der Studierenden holen sich die Arbeit aber wieder ab“, sagt er. „Es war umsonst.“ Ähnlich gehe es ihm mit Ansagen in seinen Vorlesungen. „Ich gebe eine Deadline für eine Arbeit fünfmal bekannt und darf damit rechnen, dass ein Drittel der Studierenden mir danach eine E-Mail schickt, wann denn Abgabetermin sei.“

Ziel: Nachhaltige Verbesserungen

Das Besondere am Workshop, bei dem ein Poster mit all den Problemen entsteht, ist aber das Resultat. Henning Koch: „Wie können wir Nachhaltigkeit für Verbesserungen sichern?“ fragt er. Tülin Fidan und Michaela-Dona Mitseva sehen den StugA als einen Kanal für Kommunikation. Sie wollen ihren Raum an Donnerstagen für alle interessierten Studierenden öffnen und Nachrichten aus dem Institut als Schaltstelle zwischen Lehrenden und Studierenden vermitteln. Bislang, so gesteht ein Teilnehmer offen, kriegt er die gar nicht oder zufällig über Plakate und Facebook. Oliver Hinkelbein äußert den Wunsch nach einem regelmäßigen Format. Studierende und Lehrende sollten sich zwei- dreimal im Semester treffen und ausgewählte Themen diskutieren. Ein Tag der Lehre reiche nicht aus. Die Idee findet Anklang. „Wir haben gute Gründe, die Kommunikation anders zu gestalten“, sagt Hinkelbein. „Ein Studiengang lebt nicht nur von Credit Points und Noten.“

Poster mit Schrift auf einem Tisch
Tag der Lehre: Während der offenen und kritischen Diskussion schreiben die Moderatoren die Anregungen der Runde auf Poster, um sie anschließend den anderen Arbeitsgruppen vorzustellen.
Zwei Frauen und ein Mann an einem Tisch